„Kurz vor Einigung“
Jetzt bremst plötzlich Rom beim Asyl-Pakt der EU
Die Verhandlungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten rund um eine EU-Asyl-Krisenverordnung gestalten sich scheinbar schwieriger, als es am Donnerstagvormittag ausgesehen hatte. Nachdem Deutschland in der Früh seine Blockade aufgegeben hatte, meldete Italien Vorbehalte gegen den Kompromisstext an.
Laut Vertretern der EU-Institutionen müssten noch einige „Detailfragen“ geklärt werden, bevor eine Einigung in den „kommenden Tagen“ zu erwarten sei.
Die Ereignisse auch der letzten Zeit in Lampedusa zeigten, dass die EU den Asyl- und Migrationspakt wirklich brauche, betonte der derzeitige Ratsvorsitzende und spanische Innenminister Fernando Grande-Marlaska Gomez bei der Pressekonferenz nach dem Rat in Brüssel.
„Wir stehen kurz vor einer Einigung“
Er sprach von sehr guten Verhandlungen auf dem Weg zu einer Einigung auf den umstrittenen Krisenmechanismus. Eine „sehr breite Mehrheit“ der Mitgliedstaaten zeige sich mit dem allgemeinen Ansatz einverstanden: „Wir stehen kurz vor einer Einigung.“
Wie Grande-Marlaska zeigte sich auch EU-Innenkommissarin Ylva Johansson sehr optimistisch, „dass wir in den nächsten Tagen eine allgemeine Ausrichtung für den Krisenmechanismus verkünden können“. Nur einige Detailfragen seien noch zu klären. Sie sieht eine große Mehrheit für den Vorschlag, und erwartet eine Einigung auf EU-Botschafterebene noch vor dem informellen Europäischen Rat kommenden Freitag im spanischen Granada.
Italiens Außenminister Antonio Tajani sagte laut AFP bei einem Besuch in Berlin, Innenminister Matteo Piantedosi habe sich „Zeit erbeten, um die Inhalte dieses Vorschlags näher zu prüfen, auch in rechtlicher Hinsicht“. Italienischen Medien zufolge verließ Piantedosi das Brüsseler Treffen mit seinen EU-Kollegen vorzeitig und reiste zurück nach Rom.
Rom schießt gegen Berlin
Hintergrund ist offenbar der bereits länger schwelende Streit mit Deutschland über die Finanzierung von privaten Seenotrettungs-Organisationen im Mittelmeer. Tajani warf den Nichtregierungsorganisationen vor, den „Menschenhandel“ nach Italien zu fördern.
Hinter den Kulissen dürften aktuell weitere Verhandlungen laufen. Indirekt bestätigte das auch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) am Donnerstagnachmittag vor Journalisten in Brüssel: Die Krisenverordnung sei „heute sehr intensiv diskutiert“ worden und werde „nach wie vor offensichtlich diskutiert“. Österreich wird sich nach Angaben von Karner nach derzeitigem Stand enthalten. Entscheidend sei aber, „dass das Gesamtpaket auf den Weg gebracht wird“.
Die deutsche Kehrtwende
Dass Deutschland jetzt doch zustimme, erklärte Innenministerin Nancy Faeser damit, dass laut dem letzten Kompromiss die Verfahren von Kindern und deren Familien an den Außengrenzen priorisiert behandelt werden sollen. Zudem würden die humanitären Standards bei der Aufnahme von Flüchtlingen nicht gesenkt. Die Krisen-Verordnung könne weiters nur durch einen qualifizierten Mehrheits-Beschluss der EU-Länder aktiviert werden.
Die Krisen-Verordnung ist Teil des EU-Asyl- und Migrationspakets. Nachdem die EU-Mitgliedstaaten es bisher nicht geschafft haben, sich auf eine gemeinsame Position rund um eine geplante Krisenverordnung zu einigen, hatte das EU-Parlament die Verhandlungen zu anderen Teilen des Migrationsdeals vorige Woche auf Eis gelegt. Die Krisenverordnung soll Ausnahmen für die Asylregeln für den Fall festlegen, dass sich ein Mitgliedstaat einer besonders hohen Ankunftszahl von Flüchtenden gegenübersieht.
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