Gingen auf die Straße
Armenier zeigen Solidarität mit Bergkarabach
Zehn Tage nach dem aserbaidschanischen Sieg in Bergkarabach sind fast alle Armenierinnen und Armenier aus der Region geflohen. 100.417 Flüchtlinge seien registriert worden, sagte eine Regierungssprecherin am Samstag (siehe Video oben). In Armenien dürften die Betroffenen auf die Unterstützung der Bevölkerung zählen können: Zahlreiche Menschen gingen in Jerewan für Bergkarbach auf die Straße.
Laut einem früheren Behördenvertreter der selbst ernannten Region Bergkarbach waren am Samstag die letzten Flüchtlinge Richtung Armenien unterwegs. Höchstens „ein paar hundert“ Menschen seien noch in der Region, darunter Beamtinnen, Beamte, Mitarbeitende von Rettungsdiensten und Freiwillige. Die armenische Regierung warf der aserbaidschanischen „ethnische Säuberung“ vor.
Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium kündigte wiederum „Vergeltungsmaßnahmen“ an, nachdem ein aserbaidschanischer Soldat an der Grenze von einem Heckenschützen erschossen worden sei. Armeniens Regierung wies den Vorwurf am Samstag zurück. Die Darstellung, wonach armenische Streitkräfte das Feuer auf aserbaidschanische Stellungen eröffnet hätten, sei falsch.
Vereinte Nationen kündigten Hilfe an
Die Vereinten Nationen haben für das Wochenende die erste UNO-Mission seit mehr als 30 Jahren für Bergkarabach angekündigt, in erster Linie humanitäre Hilfe. Armeniens Regierung bat zudem die Europäische Union um Hilfe bei dem Zustrom Geflüchteter. Um Medizinbedarf und Notunterkünfte sei gebeten worden, teilte das Büro der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni am Samstag mit.
Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag wurde aufgefordert, sicherzustellen, dass die verbliebenen ethnischen Armenierinnen und Armenier nicht aus der Region vertrieben werden oder bereits geflohene wieder zurückkehren können. Vor dem aserbaidschanischen Sieg lebten ungefähr 120.000 Armenierinnen und Armenier in Bergkarabach. Die Region gehört völkerrechtlich bereits länger zu Aserbaidschan, hatte sich aber 1991 nach einem international nicht anerkannten Referendum für unabhängig erklärt.
Ende des Konflikts?
Aserbaidschans Heer hatte am 19. September eine großangelegte Offensive in der Region gestartet. Nur einen Tag später erklärten die pro-armenischen Truppen ihre Kapitulation. Am Donnerstag wurde die Auflösung der selbst ernannten Republik zum 1. Jänner 2024 verkündet. Der Schritt markiert vorerst das Ende eines der längsten und scheinbar unlösbarsten Konflikte der Welt.
Aserbaidschan und Armenien stritten seit dem Zerfall der Sowjetunion um die Region und führten deshalb zwei Kriege, zuletzt 2020. Damals hatte Russland nach sechswöchigen Kämpfen mit mehr als 6500 Toten ein Waffenstillstandsabkommen vermittelt, das Armenien zur Aufgabe großer Gebiete zwang.
Jetzt hat Aserbaidschans Regierung den Konflikt wohl für sich entschieden, Armeniens langjähriger Verbündeter Russland hatte die aserbaidschanischen Truppen gewähren lassen.
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