Die Debatte über ein „geleaktes“ Video, in welchem der Bundeskanzler vor Parteifunktionären Kinderarmut und Teilzeitarbeit kritisch thematisierte (siehe Video oben), treibt immer skurrilere Blüten. Nun hat sich FPÖ-Chef Herbert Kickl den ÖVP-Chef vorgeknöpft - und diesen beim Hartberger Oktoberfest prompt mit einem Kamel verglichen.
Das „Burger-Video“ sorgt weiterhin für erhitzte Gemüter in Österreich. Selbst in den Reihen des kleinen Koalitionspartners haben die Aussagen Nehammers Befremden ausgelöst. Diese seien „an Zynismus nicht zu überbieten“, der Kanzler habe „voller Verachtung und Realitätsferne“ über von Armut gefährdete Familien geredet, sagte die Tiroler Nationalratsabgeordnete Barbara Neßler erst am Samstag.
Am Sonntag arbeitete sich dann Kickl am Kanzler ab. Beim Frühschoppen im steirischen Hartberg führte der blaue Frontmann die jüngsten Auftritte und das Video als Beweise an, warum es seiner Ansicht nach dringend einen „Systemwechsel in der österreichischen Politlandschaft“ geben müsse.
„Österreich braucht einen Volkskanzler, der für die Bevölkerung da ist und keinen Kanzler Nehammer, der wahrscheinlich glaubt, dass die englische Übersetzung von Bundeskanzler Burger King ist“, lautete einer der Seitenhiebe. Gleichzeitig betonte Kickl: „Wir hören uns die Sorgen und Nöte an, weil das ist genau das, was es in unserem Land braucht, was aber in der Politik zu einer aussterbenden Tugend geworden ist. Ich tue das bei echten Veranstaltungen und ich tue das auf echten Plätzen, auf echten Straßen, in echten Festzelten, bei echten Begegnungen, beim echten Volk und mit einem echten Bier - bei uns wird nichts verwässert ...“
Nehammer und das „verwässerte“ Bier
Apropos „verwässert“: Der Freiheitliche ließ es sich auch nicht nehmen, sich über das von Nehammer auf Ex getrunkene Bier beim Altausseer Kirtag vor wenigen Wochen lustig zu machen. Das dort „geexte“ Bier soll nämlich mit Wasser verdünnt gewesen sein. „Wenn das die Glanzleistung des Bundeskanzlers ist, ein Glas Wasser mit Bierschaum auf Ex auszutrinken, kann jedes Kamel auch Bundeskanzler sein“, stichelte Kickl und erntete Beifall von seinen Anhängern.
Vilimsky wird EU-Spitzenkandidat
Auch, was die eigene Partei betrifft, hatte man dann noch etwas zu verkünden: Ex-Generalsekretär Harald Vilimsky wird wieder freiheitlicher Spitzenkandidat bei der Wahl zum Europaparlament. Es gebe „weit und breit keinen besseren Spitzenkandidaten“, meint Kickl.
ÖVP: „Radikale Attacken kennen keine Grenzen mehr“
Die angegriffene Volkspartei unterdessen zeigte sich in einem Statement gegenüber krone.at empört über den FPÖ-Chef. Der wisse sich nur noch mit Beleidigungen gegen den Bundeskanzler zu helfen. „Herbert Kickls radikale Attacken gegen die politischen Mitbewerber kennen überhaupt keine Grenzen mehr“, so ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker am späten Sonntagnachmittag. Der Kanzler sei „auf mieseste Art und Weise diffamiert“ worden. Mit ernsthafter Politik habe das alles nichts mehr zu tun.
„Tagtäglich beobachten wir, wie sich die FPÖ zunehmend radikalisiert: angefangen bei der Nähe zu den Identitären bis hin zum Taliban-Besuch der prominenten FPÖ-Mitglieder. Kickl beweist immer wieder aufs Neue, dass er ein sicherheitspolitischer Geisterfahrer ist“, bekräftigt Stocker und entgegnet Kickl: „Mit Karl Nehammer haben wir einen Bundeskanzler, der sagt, was viele denken. Und das ist auch gut so.“
Kickl geht es nur noch um die Schlagzeile - ganz egal, wie unappetitlich er sich dafür äußern muss.
Christian Stocker, Generalsekretär ÖVP
Bild: Zwefo
Bereits am Vormittag hatte Stocker gegen Kickl geschossen. Vor allem die Aussagen des ehemaligen freiheitlichen EU-Abgeordneten Andreas Mölzer im großen Sonntagsinterview mit Conny Bischofberger nahm Stocker als Beweis dafür, dass Kickl nicht einmal die eigene Partei im Griff habe.
Der ÖVP-General: „Zuerst reisen prominente FPÖ-Politiker zu den Taliban - ohne dass Kickl laut eigener Aussage überhaupt informiert wurde. Nach deren Rückkehr folgt auf Kickls Kritik eine deutliche Retourkutsche von Mölzer. Wir sehen klar und deutlich: Die FPÖ wendet sich intern immer mehr von ihrem Obmann ab.“
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