Eine gute Aufgabe für den Ingolstädter, denn jede Reise ist ein Genuss mit ihm. Je länger man in ihm sitzt, desto stärker wird dieses Gefühl der Leichtigkeit des Seins. Er ist ein unaufgeregter Feingeist vor dem Auge, seine Bewegungen erstrebenswert. Ich kenne nichts, was in der Klasse einen schöneren Innenraum besitzt. Holz von einer groben Eleganz, wie man es auf der Wedelhütte im Hochzillertal findet, nur ohne das Rustikale. Metallene Bedienelemente voll kühler Eleganz und perfekter Haptik, was für alles gilt, das man hier anfassen kann. Kein Multifunktionslenkrad ist so grazil wie das des Audi. Das Armaturenbrett erstrahlt in messerscharf rot und weiß geschnittenen Linien und Zeichen, Ästhetik der Informationsvermittlung. Es braucht sie, damit man der Informationsfülle standhält. Der Flachbildschirm schaut nicht nur so aus, als wäre er einfahrbar, er ist es, und hinterlässt pure, schlichte Schönheit.
Kaum wahrnehmbar der 3-Liter-TDI mit 245 PS, außer im Stand, wenn sich sein Vibrieren überträgt, oder wenn die rote Nadel die oberen Bereiche des Drehzahlmesser bestreicht. Sonst dringt kaum etwas aus dem dicken Nagelbett des Sechszylinders. Starker Vortrieb in Gelassenheit. All das macht ihn zum Klassenprimus. Dazu das Sänftengleiten im Comfort-Modus der adaptiven Luftfederung, die sportliche Verbindlichkeit im Sportmodus. Auf der Autobahn kann man nur von einem Dahinrauschen sprechen, ohne ein Windrauschen zu meinen. Zwecks Einhaltung von Tempolimits empfiehlt sich angesichts des sanften Geräusches der Blick auf den Tacho, der allerdings anfangs durch unterschiedliche Abstufung (Fünferschritte bis 80 km/h, Zehner darüber) verwirrt. Der Tempolimitassistent irrt genauso häufig wie bei der Konkurrenz (Beispiele: 80 statt 130 km/h auf der A5 bei Hochleiten, 80 statt 60 auf der A23 in der Section Control).
Allradantrieb, ja, vorhanden und perfekt. Er fällt dadurch auf, dass keine Störung in der Fortbewegung auffällt. Ob er eingreifen musste? Keine Ahnung. Jedenfalls bin ich nach 500 Kilometer Fahrt entspannt in Zell am Ziller angekommen. Fast bedaure ich es, meinen A6 in der Garage des Hotels Theresa abstellen zu müssen, wo doch im Wellnessbereich wirklich genug Platz ist.
Achtung, jetzt wird's philosophisch
Auch im Theresa ist das Sein von der Leichtigkeit des Gastes geprägt. Beim Genuss bleibt Zeit zu philosophieren. Unaufdringlich, freundlich, kompetent, wie der A6. Hier wie dort lässt sich die Art des Wohlbefindens im Menü anwählen. Die Küche weiß um die Kunst der Verwöhnung, auf Wunsch auch auf die leichte Art. Und: Selten habe ich hierzulande einen so perfekt gebrauten Espresso bekommen (gerade in einem alteingesessenen Traditionshaus), für mich der Gipfel des Genusses. Dennoch fehlt mir (beim Kaffee bin ich einfach ein Freak) eine Nuance, nämlich hinter der perfekten Zubereitung der kräftige Körper. Auch das Personal ist hier im Theresa perfekt ausgebildet und höchst kompetent. Es stammt zum Großteil aus Ostdeutschland, weil immer weniger Einheimische im Tourismus arbeiten wollen (sagt die Hotelchefin). Ein Problem, unter dem der heimische Tourismus generell leidet. Doch bei aller Perfektion fehlt dadurch das Natürliche, das Lokale, das Stimmige.
Nennen wir es den emotionalen Unterbau. Und damit sind wir wieder beim Auto, denn in all seiner Perfektion ist es genau das, was einem am Audi A6 fehlen könnte. Er macht alles richtig und spricht dabei die Sinne, aber weniger die Emotionen an.
Ein wenig Emotion kommt auf, als ich die fein bespielte Juke Box der Bose-Soundanlage entdecke, die den A6 mit AC/DC, Guns 'n' Roses, ähnlichen Krachern und (no na) perfektem Sound zum Rockmobil machen. Zwar ist die Anlage auch gut für leise Töne geeignet, aber das Laute ergibt so einen schönen Kontrast in diesem perfekten Konzertsaal. Außerdem passt es besser dazu, wenn ich mal meinen Gasfuß von der Leine lasse: 6,1 Sekunden vergehen dann für den Standardsprint. Ein guter Wert für den 1,7-Tonner, der übrigens mit Allradantrieb so viel wiegt wie die Konkurrenz ohne.
Obwohl: Alles ist dann doch nicht perfekt
Die Bedienung (die des Autos, nicht die im Hotel) ist komplizierter als bei der Konkurrenz: Zu viele Knöpfe, die zu weit auseinanderliegen und nicht blind bedient werden können, dazu ein kleines Touchpad, mit dem Buchstaben (oder Schriftzeichen) mit dem Finger geschrieben werden können (allerdings nicht mit Handschuhen, was angesichts der langsam ansprechenden Heizung, inkl. Sitzheizung, blöd ist). Es sind auch die Ziffern von 1 bis 6 drauf, für die Radio-Presets, auch dafür muss man hinschauen.
Besonders gut meint es der optionale aktive Spurhalteassistent. Er lenkt schon gegen, wenn die Räder in die Nähe einer Linie kommen. Auf schmalen Spuren würde mich dieser Dauereingriff in den Wahnsinn treiben, aber der Assistent ist zum Glück abschaltbar. Und es gibt auch keine Verpflichtung, ihn mitzubestellen. Übervorsichtig ist die Rückfahrkamera: Die eingeblendeten Orientierungslinien sorgen beim Einparken für einen zu großen Abstand zum Randstein. Okay, besser als zerkratzte 19-Zöller.
Die gehören wie so vieles an diesem zu Demonstrationszwecken überreichhaltig ausgestatteten Testwagen zur Sonderausstattung. Zum Basispreis von 57.000 Euro für den "Audi A6 TDI quattro 4-türig" kommen Extras für gut 33.000 Euro. Nicht alles davon muss sein, aber vieles davon braucht es. Schließlich würde ich auch nicht auf Skiurlaub fahren und dann auf den Skipass verzichten.
Ich fahre übrigens Snowboard …
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Warum?
Der schönste und edelste Innenraum seiner Klasse.
Fahren in Perfektion.
Warum nicht?
Bedienung erfordert zu viel Aufmerksamkeit.
Oder vielleicht ...
... 5er BMW, Mercedes E-Klasse.
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