Konflikt im Kaukasus
Fahrzeug beschossen: Armenien meldet „Opfer“
Nachdem Aserbaidschan in die Region Bergkarabach einmarschiert ist und Zehntausende Armenier zwangsumgesiedelt wurden, gab es Befürchtungen, dass auch Armenien selbst angegriffen wird. Nun meldet die ehemalige Sowjetrepublik Beschuss aus dem Nachbarland, es gebe „Opfer auf armenischer Seite“.
Die aserbaidschanische Armee habe an der Grenze zwischen den Kaukasus-Staaten das Feuer auf ein armenisches Fahrzeug eröffnet, so das Verteidigungsministerium in Jerewan im Online-Dienst Telegram. Es habe „Opfer“ gegeben, nähere Angaben zur Anzahl machte das Ministerium zunächst nicht. Baku bestreitet die Vorwürfe.
Dem Ministerium zufolge ereignete sich der Vorfall nahe des Dorfes Kut in Osten des Landes. Demnach transportierte das Fahrzeug Lebensmittel für armenische Grenzsoldaten.
Zahlreiche Politiker und Beamte inhaftiert
Aserbaidschan hatte am 19. September eine großangelegte Militäroffensive in der Kaukasusregion Bergkarabach gestartet. Nach ihrer Kapitulation bereits einen Tag später mussten die pro-armenischen Kräfte die Auflösung der dortigen, international nicht anerkannten Republik Arzach akzeptieren. Aserbaidschan vermeldete seitdem zahlreiche Inhaftierungen früherer pro-armenischer Politiker und Beamter. Baku wirft ihnen unter anderem „Terrorismus“ vor.
Bergkarabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan, es lebten dort bisher aber überwiegend ethnische Armenier. Inzwischen sind fast alle Bewohner der Region aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen Aserbaidschans nach Armenien geflüchtet. Armenien wirft Aserbaidschan eine „ethnische Säuberung“ vor. Aserbaidschan weist die Anschuldigungen nachdrücklich zurück und sicherte bleibewilligen Armeniern „Reintegration“ zu.
Mehr als 100.000 zwangsweise umgesiedelt
Nach armenischen Angaben hat der vorerst letzte Flüchtlingsbus das Gebiet verlassen. Damit seien nun 100.514 zwangsweise umgesiedelte Bewohnerinnen und Bewohner in Armenien angekommen, sagte Regierungssprecherin Naseli Bagdassarjan am Montag. Menschen verließen Berg-Karabach auch mit Privatfahrzeugen. Viele Vertriebene hätten gesundheitliche Probleme oder seien bettlägerig.
Wer noch in Bergkarabach sei, solle sich an das Internationale Komitee vom Roten Kreuz wenden, hieß es. Die aserbaidschanische Führung hingegen betonte wie schon seit Tagen, dass es keinen Grund für eine Flucht gebe und die Menschen in das Leben gemäß den Gesetzen des Landes integriert würden. Die Südkaukasusrepublik Aserbaidschan ist anders als Armenien ein autoritär geführtes Land ohne Medienfreiheit oder demokratisch gewählter Führung. Das Land steht wegen Menschenrechtsverstößen international in der Kritik.
Ansiedlung von Aserbaidschanern angekündigt
Der aserbaidschanische Präsident Ilham Aliyev betonte bei einer Veranstaltung am Montag, dass sich das Land seit langem durch eine Gesellschaft mit vielen Ethnien und Konfessionen auszeichne. „Wir leben wie eine Familie“, sagte er aserbaidschanischen Medien zufolge. „Jetzt ist die Zeit gekommen, um Frieden zu schaffen im Kaukasus. Unsere Agenda ist Frieden in der Region, eine Zusammenarbeit und gegenseitiger Nutzen“, sagte er in der Hauptstadt Baku. Aliyev hatte zuvor die Ansiedlung von Zehntausenden Aserbaidschanern in Berg-Karabach angekündigt.
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