US-Strategiepapier:
Korruption in Ukraine ist „eigentliche Bedrohung“
Ein vertrauliches US-Strategiedokument, das dem Nachrichtenportal „Politico“ vorliegt, beschreibt konkrete, „langfristige“ Pläne zur Reform ukrainischer Institutionen und der Beseitigung von Missständen. Gewarnt wird auch davor, dass die Unterstützung des Westens von der Bekämpfung der Korruption abhängen könnte - denn diese sei „die eigentliche Bedrohung“ im Land.
Die „sensible, aber nicht klassifizierte“ Version des US-Plans beschreibt zahlreiche Schritte, die die USA unternehmen, um die Ukraine dabei zu helfen, Missstände zu beseitigen und eine Reihe von ukrainischen Sektoren zu reformieren. Darin wird betont, dass Korruption westliche Verbündete dazu veranlassen könnte, den Kampf der Ukraine gegen die russische Invasion aufzugeben. Die Ukraine dürfe die Bemühungen zur Bekämpfung der Korruption nicht aufschieben.
Die vertrauliche Fassung der „Integrierten Länderstrategie“enthält viele Details über die Ziele der USA in der Ukraine: von der Privatisierung der Banken über die Unterstützung des Englischunterrichts an mehr Schulen bis hin zur Ermutigung des Militärs, die NATO-Protokolle zu übernehmen. Diese Maßnahmen sollen auch die Korruption im Land eindämmen.
Die Korruption in der Ukraine ist seit Langem ein Thema in den USA. Dieses wurde jedoch im Zuge der russischen Invasion im Februar 2022 in den Hintergrund gedrängt. Monatelang beschränkten sich Berater von US-Präsident Joe Biden somit lediglich auf Erwähnungen der Korruption. Grund: Sie wollten sich mit der Ukraine solidarisch zeigen. Mehr als ein Jahr nach Beginn des Krieges aber drängen US-Beamte in der Öffentlichkeit und im privaten Bereich erneut auf eine stärkere Fokussierung des Themas.
US-Wirtschaftshilfen bald an Reformen geknüpft?
So traf der nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan Anfang September mit einer Delegation ukrainischer Anti-Korruptions-Einrichtungen zusammen. Ein zweiter US-Beamter, der mit den Gesprächen vertraut ist, bestätigte gegenüber „Politico“ Berichte, wonach die Biden-Regierung mit der ukrainischen Führung darüber verhandle, künftige Wirtschaftshilfe möglicherweise an „Reformen zur Bekämpfung der Korruption und zur Steigerung der Attraktivität der Ukraine für private Investitionen“ zu knüpfen. Nachsatz: Derartige Bedingungen würden für die Militärhilfe „nicht in Betracht“ gezogen, so ein Beamter. Ein Sprecher des ukrainischen Außenministeriums gab dazu keine Stellungnahme ab.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat jedoch in letzter Zeit mehrere hochrangige Verteidigungsbeamte entlassen. Die Botschaft: Resolutes Vorgehen gegen angebliche Bestechung bleibt nicht nur ein theoretisches Vorhaben. Dies wird als „Ich höre euch zu“-Botschaft an die Vereinigten Staaten und Europa gedeutet. Er betonte erst am Dienstag beim Treffen der EU-Außenminister in Kiew erneut, dass ein Sieg in der Ukraine im Krieg gegen Russland „von der Zusammenarbeit in Europa“ abhänge (siehe Video oben).
In dem Dokument heißt es weiters, dass die Erfüllung US-amerikanischer „Ziele“ für die Ukraine auch die Einlösung von Versprechen in Bezug auf Ausrüstung und Ausbildung zur Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte bei der Abwehr der russischen Angriffe und der Verfolgung von Kriegsverbrechern umfasst. Die USA wollen auch, dass die Ukraine ihre eigene Militärausrüstung produziert, indem sie eine „inländische Verteidigungsindustrie aufbaut, die in der Lage ist, den Kernbedarf zu decken“. Die aufgelisteten Ziele reichen überdies von der Unterstützung lokaler Behörden bei der Bewertung von Korruptionsrisiken bis hin zu Reformen in den Personalabteilungen.
Der Strategieplan beschreibt auch, wie die Vereinigten Staaten den ukrainischen Gesundheitssektor, die Cyberabwehr und Organisationen, die gegen Desinformation kämpfen, unterstützen. Die Strategie scheint darauf abzuzielen, dass die Ukraine nicht nur ihre Ausrichtung auf den Westen beibehält, sondern auch besondere Beziehungen zu Amerika entwickelt. Der Plan sieht auch vor, die diplomatische Präsenz der USA in der Ukraine wieder aufzubauen und über Kiew hinaus auf Städte wie Lemberg, Odessa, Charkiw und Dnipro auszudehnen.
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