Russland macht Druck
Jetzt suchen schon Schulen „freiwillige“ Soldaten
Während der Kreml stets betont, dass es in Russland keine Generalmobilmachung geben würde, nimmt das Werben für die Front immer absurdere Züge an. Mittlerweile wird sogar an Schulen versucht, Freiwillige für den Kampf in der Ukraine zu gewinnen.
Vor einem Jahr schickte Russlands Präsident Wladimir Putin Hunderttausende Russen in den Krieg. Mittlerweile fehlen allem Anschein nach wieder Männer an der Front. Wie weit der Machtapparat unter diesem Druck geht, zeigte eine Recherche der russischsprachigen Internetzeitung „The Insider“ auf.
In der Region Krasnojarsk sei in den vergangenen Tagen an Schulen für einen Einsatz in der Ukraine Werbung gemacht worden. An einer der Bildungseinrichtungen soll sogar ein derartiges Werbeplakat auf der Tafel einer Klasse angebracht gewesen sein:
Verstörte Eltern wandten sich an Journalisten
Verstörte Eltern sandten laut den Angaben lokalen Journalisten Aufnahmen zu, die diese Behauptung bestätigten. Die Bildungsabteilung habe sich bedeckt gezeigt: „Es ist die Aufgabe der Stadtverwaltung, die Bürger über die Möglichkeit eines freiwilligen Einsatzes an der Front zu informieren. Wir weisen darauf hin, dass Plakate an öffentlichen Orten aufgehängt werden dürfen.“ Beschwerden der Eltern an die Schulleitung hätte es keine gegeben, heißt es demnach in dem Statement.
Befreiung von Studiengebühren
Studierenden der Staatlichen Universität Irkutsk seien Mitteilungen zugesandt worden, in denen geschrieben stehe: „Liebe Studierende der Fakultät für Allgemeinmedizin […] Es gibt jetzt die Möglichkeit, einen Teil eurer Probleme zu lösen - und zwar mit eurem freiwilligen Einsatz in den Reihen der russischen Streitkräfte der Medizinischen Universität von Irkutsk.“ Interessierten sei in Aussicht gestellt worden, ihre „finanziellen Probleme zu lösen“. Nach Beendigung des Einsatzes an der Front würden sie etwa von den Studiengebühren befreit und ihnen diesbezüglich angefallene Schulden erlassen.
„Job für echte Männer“
Darüber hinaus würde mittlerweile an jede Adresse Werbung für den Krieg geschickt, wie der Telegram-Kanal „Irkutsk Blog“ beobachtete. Die Rhetorik klinge wie folgt: „In Russland vollziehen sich gerade große Umbrüche. Es hängt von jedem einzelnen ab, in welchem Land unsere Kinder und Enkelkinder leben werden […] Jeden Tag beschließen Dutzende Einwohner von Irkutsk, Teil von jenen sein zu wollen, die einen Job für echte Männer machen - sie verteidigen das Vaterland! Es ist ihre persönliche Entscheidung, eine freiwillige Wahl von echten Männern, die wissen, warum sie dienen wollen. […] Das Vaterland braucht deine Hilfe!“
Rekrutierung aus dem Hinterhalt
Wie scheinheilig diese Betonung der „Freiwilligkeit“ in Wahrheit ist, belegen regelmäßig auftauchende Schreckensmeldungen. Im August wurde in Russland etwa eine Reihe von Polizeirazzien durchgeführt, die auf neu eingebürgerte Russen abzielten - vornehmlich solche, die sich im wehrpflichtigen Alter befinden. Dabei wurden Gesetzesverstöße konstruiert, um die Migranten in den Kriegsdienst zu zwingen. Viel Resonanz bekam auch der Fall eines russischen Gehörlosen, der von Beamten über den Tisch gezogen wurde. Bei einer vermeintlichen Routinekontrolle unterschrieb er ein nichtssagendes Dokument, das als „reine Formalität“ ausgegeben wurde. Daraufhin wurde ihm unterstellt, er habe sich „freiwillig“ für den Krieg gemeldet.
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