Aus 100 m Entfernung

Wiener Forscher spüren Sprengstoff mit Laserlicht auf

Wissenschaft
27.02.2012 12:48
Wie kann man den Inhalt eines verdächtigen Behälters darauf untersuchen, ob sich Explosivstoffe darin befinden, ohne ihn dafür zu öffnen? Wissenschaftler der Technischen Universität Wien haben dafür einen neuen Analyseansatz entwickelt. Sie bestrahlen etwa Container mit Laserlicht und nutzen dabei den Effekt, dass das Licht von verschiedenen Substanzen auf ganz charakteristische Weise verändert wird.

Der Vorteil des bereits zum Patent angemeldeten neuen Verfahrens bestehe darin, dass die Messgeräte auch in mehr als 100 Metern Entfernung aufgestellt werden können, was die Gefahr für Sicherheitskräfte reduziere, so die Forscher.

"Die Methode, die wir verwenden, ist die Raman-Spektroskopie", berichtete Professor Bernhard Lendl vom Institut für Chemische Technologien und Analytik der TU. Sie basiert darauf, dass sich das Laserlicht an den Molekülen der Probe streuen kann. Durch die Lichtteilchen, die sogenannten Photonen, können in den Molekülen Schwingungen erzeugt werden.

Die Materialien geben dann selbst auf ganz spezifische Weise Energie ab und verraten so ihre Zusammensetzung. Bei diesem Vorgang ändert sich die Wellenlänge und somit die Farbe des Lichts, was die Forscher mit hochempfindlichen Licht-Sensoren messen können.

Laser durchdringt Behälterwände
Den Inhalt undurchsichtiger Container könne man deshalb analysieren, da ein Teil des Laserstrahls auch durch die Behälterwände ins Innere vordringt. Im Probematerial kommt es daher also immer noch zu Raman-Streuprozessen. "Die Schwierigkeit liegt darin, das Lichtsignal des Behälters vom Lichtsignal der Probe im Inneren zu unterscheiden", erklärte Lendl. 

Dieses Problem lösten die Forscher mit einem geometrischen Trick. Da der Lichtstrahl zwar auf einem kleinen, fokussierten Punkt am Container auftrifft, sich im Inneren aber dann stark verbreitet, richten die Wissenschaftler ihr Mess-Teleskop nicht genau auf die Laser-Auftreffstelle, sondern ein Stück davon entfernt. So wird das charakteristische Lichtsignal des Inhalts und nicht das der Verpackung gemessen.

Messung aus 100 Metern Entfernung möglich
Bisher musste man Laser und Licht-Detektor in unmittelbarer Nähe zur Probe aufstellen, so TU-Forscher Bernhard Zachhuber. Durch die Weiterentwicklungen seien Messungen nun aber auch auf große Distanzen möglich. "Von hundert Millionen Photonen regen nur einige wenige überhaupt einen Raman-Streuprozess in der Probe an." Da sich die gestreuten Lichtteilchen gleichmäßig in alle Richtungen verteilen, gelange aber nur ein kleiner Teil von der Probe zum Licht-Detektor. Aus dem schwachen Signal gelte es daher, möglichst viele Information herauszulesen, so Zachhuber. 

Die Versuche mit Proben häufig verwendeter Sprengstoffe wie TNTANFO oder dem hochbrisanten Hexogen verliefen laut Angaben der Forscher vielversprechend. Die Substanzen konnten auch im Abstand von über 100 Metern zuverlässig nachgewiesen werden.

Viele Anwendungsgebiete denkbar
Die TU-Forscher kooperierten im Rahmen des EU-Projekts mit Industriepartnern und potenziellen Anwendern aus dem Bereich der öffentlichen Sicherheit, wie der spanischen "Guardia Civil" oder dem österreichischen Bundesheer. Raman-Spektroskopie auf große Distanzen sei überall dort interessant, wo es schwierig oder gefährlich ist, in die Nähe der Untersuchungsobjekte zu kommen. 

Die neue Methode könnte etwa Sicherheitskontrollen auf Flughäfen einfacher machen, aber auch für die Untersuchung von Eisbergen oder Gesteinsuntersuchungen bei Mars-Missionen sei ein Einsatz denkbar. Weitere Einsatzgebiete vermuten die Wissenschaftler in der chemischen Industrie.

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