Ukraine warnt:

Russland nimmt Risiko von Strahlenunfall in Kauf

Ausland
05.10.2023 08:08

Russland hat einen Reaktor des Kernkraftwerks Saporischschja vom kalten Abschaltzustand auf den heißen Abschaltzustand umgestellt - entgegen Empfehlungen unter anderem der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA). Das ukrainische Atomenergieunternehmen Energoatom warnte, dass diese Vorgangsweise „die Wahrscheinlichkeit eines Strahlenunfalls erhöht“.

„Die russischen Eindringlinge im vorübergehend besetzten Kernkraftwerk Saporischschja haben den Block Nr. 4 vom Zustand der ,kalten Abschaltung‘ in den Zustand der ,heißen Abschaltung‘ gebracht. Nach Angaben der IAEA wird stattdessen der Block 6 vom ,heißen‘ in den ,kalten‘ Zustand gebracht“, teilte Energoatom auf seinem Telegram-Kanal mit. Um ein Sicherheitsrisiko zu vermeiden, pocht die staatliche Atomaufsichtsbehörde der Ukraine (SNRIU) darauf, alle sechs Blöcke der Anlage kalt abzustellen, wie das auch die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) empfiehlt.

Im März vergangenen Jahres wurde das AKW von russischen Besatzern eingenommen. (Bild: AFP)
Im März vergangenen Jahres wurde das AKW von russischen Besatzern eingenommen.

Mit der Warmabschaltung wird Dampf erzeugt, der für die Sicherheitsfunktionen des Kraftwerks verwendet wird. Die IAEA habe die Besatzer aufgefordert, alternative Quellen für die Dampferzeugung zu finden, um den Bedarf des Kraftwerks zu decken.

Energoatom: „Kann zu Strahlenunfall führen“
„Die Anwesenheit von russischem Militär, Waffen und schwerem Gerät auf dem Gelände des AKW Saporischschja sowie die Nichteinhaltung der Bestimmungen der SNRIU führen zu einer unvermeidlichen Beeinträchtigung der für die Sicherheit wichtigen Ausrüstung und Systeme des Kraftwerks. Dies kann nicht nur zu einem Anstieg der Zahl der Ausfälle, sondern auch zu einem Strahlenunfall führen“, führte Petro Kotin, Präsident von Energoatom, aus.

Russische Soldaten bewachen das Kernkraftwerk Saporischschja. (Bild: AFP)
Russische Soldaten bewachen das Kernkraftwerk Saporischschja.

Vorwurf: Russland vernachlässige „gesunden Hausverstand“
Die Bestimmungen seien erst im Juni geändert worden - seither dürfen sich alle Kraftwerksblöcke ausschließlich im Zustand der „kalten Abschaltung“ befinden. „Es ist verboten, Kraftwerksblöcke in den gefährlicheren Zustand der Heißabschaltung zu versetzen“, wird in dem Posting klargestellt. Diese Änderung sei „aufgrund des Mangels an rechtzeitiger und qualitativ hochwertiger Wartung und notwendiger Routinereparaturen der Ausrüstung“ erfolgt. „Die Besatzungsverwaltung vernachlässigt jedoch nicht nur die rechtlichen Anforderungen des rechtmäßigen Betreibers Energoatom und der Regulierungsbehörde, sondern auch den gesunden Menschenverstand“, so das ukrainische Atomenergieunternehmen.

Einschusslöcher an der Fassade am AKW Saporischschja (Bild: AFP)
Einschusslöcher an der Fassade am AKW Saporischschja

Energoatom: Bereits gefährliche Vorfälle
Die Handlungen der russischen Betreiber hätten bereits zu einer Reihe von Notfällen geführt. So sei in Reaktorblock 4 wegen der Erwärmung radioaktives Kühlmittel aus dem ersten in den zweiten Kreislauf ausgetreten, „was einen Verstoß gegen eine der Regeln gegen die Ausbreitung der radioaktiven Kontamination darstellt“, so Energoatom. Auch in Block 6 habe es einen Vorfall gegeben. Die Warmabschaltung habe hier zu einem erheblichen Anstieg der Menge an flüssigen radioaktiven Abfällen geführt, „was eine potenzielle Gefahr für das Personal, die Öffentlichkeit und die Umwelt darstellt“.

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