Obwohl der FC Bayern Jerome Boateng nun doch nicht in seinen Kader zurückholt, wird der Umgang des deutschen Fußball-Rekordmeisters mit den mutmaßlichen Straftaten des Spielers weiter kritisiert. Im Fokus steht Neo-Sportchef Christoph Freund, der die Causa vor wenigen Tagen als „private Geschichte“ Boatengs bezeichnet hatte. Man bewerte den Spieler vor allem nach sportlichen Kriterien, hatte der langjährige Salzburg-Sportdirektor gemeint.
„Partnerschaftsgewalt ist niemals Privatsache - egal ob sie von prominenten Profifußballern ausgeht oder vom Arbeitskollegen, vom Nachbarn, oder vom besten Freund“, teilte eine Sprecherin der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes nun mit. „Die Aussage des Bayern-Sportchefs (‘Privatgeschichte‘) war ein fatales Signal - an alle Fans, an die Öffentlichkeit, an Betroffene und nicht zuletzt an Täter.“
Der 35-jährige Boateng steht vor einem neuen Strafprozess in Bayern, weil ihm vorgeworfen wird, im Sommer 2018 seine damalige Lebensgefährtin und Mutter seiner Kinder im Urlaub angegriffen zu haben. Ein Urteil gegen Boateng war zuletzt aufgehoben worden. Der Fußballer beklagte ein unfaires Verfahren und eine Vorverurteilung.
„Nicht ernst genommen“
„Der Versuch des Sportchefs, die Vorwürfe gegen Boateng als ,privat‘ zu bagatellisieren, verweist auf ein strukturelles Problem“, hieß es in dem Statement von Terre des Femmes. „Gewalt gegen Frauen wird nach wie vor nicht ernst genommen, Betroffene müssen zusätzlich zur körperlichen Gewalt auch nach der Trennung Einschüchterung, Täter-Opfer-Umkehr und Victim-Blaming ertragen.“
Die Gesellschaft müsse sich klar gegen häusliche Gewalt positionieren, dazu zählten auch Sportvereine. „Der Verein mit den meisten registrierten Fans in Deutschland sollte dazu Verantwortung übernehmen“, forderte Terre des Femmes. Der FC Bayern hat rund 300.000 Mitglieder.
„Massives gesellschaftliches Problem"
Auch die Hilfsorganisation „Weißer Ring“ hatte die Freund-Aussage Anfang der Woche kritisiert und bei X (früher Twitter) geschrieben: „Häusliche Gewalt ist keine Privatsache, sondern ein massives gesellschaftliches Problem.“ Allein im Jahr 2022 seien in Deutschland 240.547 Fälle bei der Polizei angezeigt worden.
Die Bayern hatten am Freitagnachmittag mitgeteilt, von einer Rückholaktion Boatengs abzusehen. Der Verteidiger, der bereits einige Tage mit der Mannschaft trainierte, dürfe sich aber weiter beim FC Bayern fit halten, wenn er dies wünsche. Seine körperliche Verfassung sei gut, hieß es. Bei den Münchnern spielte Boateng erfolgreich von 2011 bis 2021.
Kommentare
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.