Wasserzufuhr gekappt

Israel: Totalblockade des Gazastreifens angeordnet

Ausland
09.10.2023 13:29

Israels Verteidigungsminister Joaw Gallant hat die totale Blockade des Gazastreifens angeordnet. „Es wird keinen Strom, keine Lebensmittel und keinen Treibstoff geben“, sagte Gallant. Man habe es mit Barbaren zu tun und werde dementsprechend handeln. 300.000 Reservisten werden mobilgemacht. Unterdessen kommen neue Details zu den Gräueltaten der Hamas ans Licht.

Das israelische Sicherheitskabinett hatte in der Nacht zum Sonntag bereits einen grundsätzlichen Stopp der Einfuhr von Strom, Brennstoff und Waren in das Palästinensergebiet beschlossen. Die Wasserversorgung wurde bereits mit sofortiger Wirkung gestoppt. „Was in der Vergangenheit war, wird in der Zukunft nicht länger sein“, erklärte der zuständige Infrastrukturminister Israel Katz dazu.

Ein Militärsprecher erklärte, die Hamas selbst habe bei dem Großangriff am Samstag die Übergänge nach Israel zerstört. Ein Grenzverkehr sei daher gegenwärtig ohnehin nicht möglich. Man werde sich auch mit dem Wiederaufbau nicht beeilen. Rund um den Gazastreifen wurden Zehntausende Truppen mit schwerem Kriegsgerät zusammengezogen.

Massenflucht in Gaza
Nach den Angriffen der islamistischen Hamas auf Israel sind im Zuge des israelischen Gegenangriffs mehr als 123.000 Palästinenser innerhalb des Gazastreifens auf der Flucht. Das teilte das UNO-Nothilfebüro (OCHA) in der Nacht auf Montag mit. Die Menschen seien aus Angst um ihre Sicherheit geflüchtet oder weil ihre Häuser zerstört worden seien, hieß es.

Wohnhäuser beschossen
Die israelischen Streitkräfte hätten Wohnhäuser unter Beschuss genommen, berichtete OCHA. Laut dem Ministerium für öffentliche Bauten und Wohnen in Gaza sind 159 Wohneinheiten zerstört und 1210 schwer beschädigt worden. Durch die israelischen Luftangriffe entstanden laut OCHA auch Schäden an Wasser- und Sanitärinfrastruktur für mehr als 400.000 Menschen sowie an mehreren Gesundheitseinrichtungen.

Im Gazastreifen leben mehr als zwei Millionen Menschen nach UNO-Angaben unter sehr schlechten Bedingungen. Das Küstengebiet zieht sich über eine Länge von etwa 40 Kilometer am Mittelmeer entlang und ist etwa sechs bis zwölf Kilometer breit. Die Fläche ist etwas kleiner als die von Wien. Die Hamas hatte 2007 gewaltsam die alleinige Macht an sich gerissen. Israel verschärfte daraufhin eine Blockade des Küstengebiets, die von Ägypten mitgetragen wird. Es ist unklar, ob Kairo etwa humanitäre Transporte in den Gazastreifen über die ägyptische Grenze genehmigen würde.

Nachdem die Hamas am Samstagmorgen bei ihrem Großangriff mit Hunderten Kämpfern in Israel eingedrungen, wurde am Montagmorgen noch immer gekämpft. Es gebe noch „zwischen sieben und acht“ offene Kampfschauplätze im Grenzgebiet zum Gazastreifen, an denen weiterhin gekämpft werde, hieß es vonseiten der israelischen Armee. 

Weiteres Eindringen möglich
Während sich noch weitere „Terroristen“ in der Region aufhalten könnten, habe man die Kontrolle über die von der Hamas angegriffenen Orte im Süden Israels zurückerlangt, sagte Armeesprecher Daniel Hagari am Montag. Es könnten aber noch weitere militante Kämpfer eindringen, räumte ein weiterer Militärsprecher ein: „Ich kann den Fakt nicht leugnen, dass immer noch Leute reinkommen.“

Die Hamas-Kämpfer töteten und verschleppten in Israel Zivilisten und Soldaten. Nach vorläufigen Angaben wurden auf israelischer Seite mehr als 700 Menschen getötet und mehr als 2100 weitere verletzt. Israel reagierte mit Bombardements Hunderter Ziele im Gazastreifen. Dort gab es nach Angaben der örtlichen Behörden bisher knapp 560 Tote und 2900 Verletzte. Es herrscht große Sorge um das Schicksal von mehr als 100 Israelis, die in den Gazastreifen verschleppt worden sind.

Hamas: Geiseln bei Luftangriff getötet
Nach palästinensischen Angaben wurden bei den israelischen Luftangriffen auf Gaza vier israelische Geiseln getötet. Die entsprechenden Angaben eines Sprechers der Qassam-Brigaden, dem bewaffneten Flügel der islamistischen Hamas, ließen sich nicht unabhängig überprüfen. „Die Bombardierung des Gazastreifens in der Nacht und heute führte zur Tötung von vier Gefangenen des Feindes und deren Entführern“, sagte Qassam-Brigaden-Sprecher Abu Ubaida.

Ein Sprecher der israelischen Armee teilte mit, man sei sich der Berichte bewusst und prüfe sie. Bei israelischen Luftangriffen auf das Flüchtlingslager Jabalia im Gazastreifen wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza Dutzende von Palästinensern getötet und verwundet, insgesamt starben bei israelischen Bombardements bisher 65 Palästinenser.

Kämpfe in Sderot
Medienberichten zufolge kam es in der israelischen Stadt Sderot in einem Schwimmbad zu heftigen Schusswechseln mit mehreren israelischen Verletzten. Das israelische Militär teilte mit, die Fallschirmjägerbrigade befinde sich in einem „hartnäckigen Kampf“ bei dem Soldaten Sderot durchsuchen, „um die Stadt von Terroristen zu befreien“. Sderot liegt etwa einen Kilometer vom Gazastreifen entfernt.

Auf dem Video einer Sicherheitskamera ist zu sehen, wie ein palästinensischer Bewaffneter einen Besucher des Supernova-Festivals in seiner Gewalt hat. (Bild: APA/AFP/ANONYMOUS)
Auf dem Video einer Sicherheitskamera ist zu sehen, wie ein palästinensischer Bewaffneter einen Besucher des Supernova-Festivals in seiner Gewalt hat.

„Kaltblütig abgeschlachtet“
Allein bei ihrem Angriff auf ein Musikfestival im Süden Israels am Samstag haben Kämpfer der Hamas nach Angaben eines israelischen Rettungsdienstes bis zu 250 Menschen getötet. Es gebe etwa „vier oder fünf Lastwagen, die jeweils 50 Leichen“ von dem Festivalgelände in der Nähe des Gazastreifens abtransportierten, erklärte ein Sprecher des israelischen Rettungsdienstes Zaka. Er gehe von „etwa 200 bis 250 Leichen“ aus. „Sie haben die Menschen kaltblütig auf eine absolut unfassbare Weise abgeschlachtet“, sagte der Zaka-Sprecher. So etwas habe er in den 28 Jahren seiner Tätigkeit für die auf die Bergung von Leichen spezialisierte Organisation noch nicht gesehen.

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