30.000 Briefe versandt

Google-Fonts-Abmahnung laut Gericht missbräuchlich

Web
10.10.2023 09:24

In dem Fall rund um über 30.000 Abmahnschreiben wegen der Nutzung von Google Fonts gibt es nun ein Urteil des Bezirksgerichts Favoriten. Dieses stufte die Vorgehensweise der Briefschreiberin als rechtsmissbräuchlich ein. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, ihr Anwalt Marcus Hohenecker kündigte „volle Berufung“ gegen die Entscheidung an. Der Fall geht also noch in eine höhere Instanz.

Über 30.000 Unternehmen wurden im letzten Jahr mit einem Abmahnschreiben von Anwalt Marcus Hohenecker zu Schadenersatzzahlungen aufgefordert, weil sie durch die Einbettung von Google Fonts angeblich die Datenschutz-Grundverordnung verletzt hätten. Denn mit der Nutzung der Google Fonts auf den Webseiten sei die Weitergabe der Daten in die USA und dadurch eine Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz und ein Verstoß gegen die DSGVO sowie ein „erhebliches Unwohlsein“ seiner Mandantin verbunden gewesen, so das Anwaltsschreiben, das von jedem Webseiten-Betreiber 100 Euro Schadenersatz plus 90 Euro Anwaltskosten einforderte.

Der Vorarlberger Unternehmer Maximilian Zumtobel, einer der Adressaten des Schreibens, hat über seinen Anwalt Ulrich Kopetzki eine Feststellung eingeklagt, dass der im Abmahnschreiben behauptete Schadenersatzanspruch nicht besteht. Das Gericht stufte ihr Verhalten als „rechtsmissbräuchlich“ ein und hält - nicht rechtskräftig - fest, dass der Abmahnschreiberin keine 100 Euro für „immateriellen Schaden“, keine Rechtsanwaltskosten von 90,- Euro und keine Auskunft laut DSGVO zusteht. Dafür muss sie die Gerichtskosten von gut 3.000 Euro zahlen sowie Schadenersatz an Zumtobel leisten. Kopetzki kündigte am Montag in einer Aussendung auch eine Sammelklage dazu an, die in Vorbereitung sei.

Abmahner setzten auf Computerprogramm
Die Verfasserin der Abmahnschreiben habe auf ein Programm zurückgegriffen, das beim Surfen im Hintergrund die Datenströme misst bzw. protokolliert und bei Datenschutzverletzungen die Website, den Aufrufzeitpunkt und die ihr zugewiesene IP-Adresse protokolliert. Auf diesem Wege habe sie binnen kurzer Zeit tausende Websites besucht und dann tausende Mahnschreiben verschickt. Dieses Verhalten sei als rechtsmissbräuchlich zu beurteilen. „Zudem konnte eine Übertragung der persönlich zuordenbaren IP-Adresse nicht festgestellt werden, fehlt es der Beklagten an einer spürbaren Verärgerung oder Verunsicherung, somit an eine persönlichen Betroffenheit bezogen auf den einzelnen Websiteaufruf“, heißt es im Urteil.

Die Verfasserin der Abmahnschreiben habe zwar mitten im laufenden Verfahren auf ihre Ansprüche verzichtet, Zumtobel habe diesen Verzicht aber nicht angenommen. Daher sei es nun zum Urteil des Gerichts gekommen, sagte Kopetzki zur APA. Bei einem ähnlichen anderen Verfahren vor dem Bezirksgericht Favoriten hatte der Adressat des Schreibens den Verzicht auf alle Ansprüche akzeptiert. Daher war es in dem Fall zu keiner Feststellung gekommen.

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