EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit glaubt nicht an einen massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit durch den Vormarsch der Künstlichen Intelligenz in Europa. Zwar würden durch die Umwälzungen „natürlich Arbeitsplätze verschwinden, aber es entstehen auch Arbeitsplätze“, sagte er am Rande eines Arbeitsbesuchs in Wien. Um Beschäftigungslosigkeit zu verhindern, müssten Politik und Wirtschaft die aufstrebenden Technologien meistern und in die Ausbildung von Fachkräften investieren.
Zu hoher Arbeitslosigkeit werde die KI nur dann führen, wenn Europa die Technologien nicht nutze, um die Industrie und den Dienstleistungssektor auf hohem Wettbewerbsniveau zu halten. „Wenn wir diese Technologien nicht integrieren, dann bin ich sicher, dass es Arbeitslosigkeit gibt. Weil dann fällt Europa wirtschaftlich ab“, so Schmit am Donnerstag vor Journalistinnen und Journalisten. Als Beispiel für den technologischen Wandel griff der Sozialkommissar den Bereich Cybersecurity heraus. „Wir brauchen jetzt schon zigtausende, wenn nicht hunderttausende Experten in Cybersecurity, die wir nicht haben.“
Schmit ortet auch Potenzial in KI
Nach der Darstellung Schmits geht es darum, Technologie als Chance zu begreifen und Lücken bei der Qualifizierung am Arbeitsmarkt zu schließen. Zudem betonte er, dass Künstliche Intelligenz der Wirtschaft auch zu Produktivitätsgewinnen verhelfen und einen Ausgleich für den demografischen Wandel schaffen könne. Er sei optimistisch, dass der technologiebedingte Produktivitätszuwachs letztlich dazu führen werde, dass die europäischen Länder auch zukünftig in der Lage sind, den Sozialstaat zu finanzieren.
Auch bei Plattformarbeit, also etwa bei Essenszustellern oder Fahrdiensten, ist der technologische Wandel ein Thema. Diesbezüglich sei auf europäischer Ebene eine Richtlinie mit dem Ziel in Arbeit, die Position von Arbeitnehmenden zu verbessern. Hier brauche es mehr Transparenz, um algorithmusbasierte Entscheidungen, welche deren Arbeit beeinflussen, nachvollziehbar zu machen und dagegen Rekursmöglichkeiten herzustellen. Außerdem sollen die Regelungen laut Schmit dazu führen, dass Betroffene aus der Scheinselbstständigkeit geholt werden und ihnen dieselben Rechte wie Arbeitnehmenden zukommen - wie etwa ein gesetzlicher Mindestlohn.
Bei den Gehältern in Europa sieht der Politiker Fortschritte, vor allem in Niedriglohnländern, deren Standards zuletzt bis zu einem gewissen Grad angeglichen worden seien. So seien die Mindestlöhne in einigen Ländern jüngst gestiegen, wenngleich diese aufgrund der hohen Inflation vielerorts zu keinen realen Lohnzuwächsen geführt hätten. In Österreich sind Mindestlöhne bzw. Mindestgehälter in fast allen Branchen durch Kollektivverträge geregelt. Einen gesetzlichen Mindestlohn gibt es hingegen nicht.
Das österreichische Modell der Lohnfindung lobte Schmit als Vorreiter für Europa, zumal die Abdeckung von Arbeitnehmenden bei den Tarifen besonders hoch sei. Generell leiste Österreich einen wichtigen Beitrag für die Sozial- und Beschäftigungspolitik der Europäischen Union. Das Land fördere eine „Kultur des Sozialdialogs“, sagte er mit Verweis auf das Engagement von Personen wie Othmar Karas (ÖVP) oder den Präsidenten des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB), Wolfgang Katzian.
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