„Hunger.Macht.Profite“ lautet der Titel einer Filmreihe, die am Montag im Spielboden Dornbirn startet. Die Filme zeigen auf erschreckende Weise auf, wie Lebensmittel produziert werden.
Pferdefleisch, das als Rindfleisch gekennzeichnet ist. Mit billigem Zuckersirup verdünnter Honig. Gefälschtes kaltgepresstes Olivenöl. Einsatz von giftigen Pestiziden. Kleinbauern gegen Milchgroßindustrie. Das sind nur ein paar wenige Beispiele dafür, wie die globale Landwirtschaft täuscht, unterdrückt und schädigt. Wie erschreckend die Folgen der globalen Lebensmittelindustrie sind, zeigen vier Filme auf, die im Rahmen der „Filmtage“ der Menschenrechtsorganisation FIAN (FoodFirst Informations- und Aktions-Netzwerk) bis zum 19. Oktober im Spielboden Dornbirn und im Kino GUK in Feldkirch gezeigt werden.
Die Realität ist erschreckend
Wie Konsumenten von der Lebensmittelindustrie getäuscht werden, damit beschäftigt sich gleich der erste Film, der am Montag im Spielboden seine Österreich-Premiere feiert. Laut FIAN könne man davon ausgehen, dass mit bis zu zehn Prozent unserer Lebensmittel Etikettenschwindel betrieben wird - dass uns also Produkte als etwas verkauft werden, das sie gar nicht sind. Emotional aufwühlend beschreibt der Film „Amuka“, wie jene hungern müssen, die für andere Lebensmittel anbauen. Die Demokratische Republik Kongo könnte nahezu die Hälfte der Menschen auf der Erde ernähren. Dennoch leidet dort jeder Sechste an Hunger und jeder Zweite an Unterernährung.
Der Film begleitet Bauern, die sich zu landwirtschaftlichen Genossenschaften zusammengeschlossen haben, um aus der tristen Lage auszubrechen. Wie die Chemieindustrie ihre Macht ausspielt, wird im Film „Giftiges Geschäft“ aufgezeigt. Giftige Agrarpestizide, die in Europa längst verboten sind, werden von internationalen Chemiekonzernen in Ländern wie Kenia mit hohen Profiten verkauft. Den Kleinbauern werden bessere Ernten versprochen. Weltweit sterben nach Angaben der WHO jährlich 346.000 Menschen (!) an Pestizid-Vergiftungen. Der vierte Film „Milchkrieg in Dalsmynni“ nimmt sich dem Kampf von Kleinbauern gegen die mächtige Milchindustrie an.
Im System läuft vieles grundlegend falsch
„Global leiden bis zu 783 Millionen Menschen unter Hunger. Mehr als 2,3 Milliarden Menschen haben derzeit keinen Zugang zu gesunden Lebensmitteln“, berichtet Lukas Schmidt, Geschäftsleiter von FIAN Österreich. Die Menschenrechtsorganisation hat Beraterstatus bei den Vereinten Nationen und leistet mit seinen weltweiten Recherchen wichtige Grundlagenarbeit. „Hunger ist kein Schicksal. Er ist die Folge eines Systems, das Profite über Menschenleben stellt“, kritisiert Schmidt. Das Lebensmittel- und Ernährungssystem müsse dringend auf den Prüfstand gestellt werden.
„Das bedeutet, dass die Vereinnahmung der Nahrungsmittelproduktion durch Profitinteressen beendet werden muss. Eine neue globale Strategie der Ernährungssicherheit muss sich von deregulierten Märkten lösen, Spekulationen eindämmen, Nahrungsmittelreserven auf verschiedenen Ebenen aufbauen und den Lebensmitteln aus agrarökologischer, kleinbäuerlicher Produktion oberste Priorität einräumen. Kurz: Die Rechte der Menschen müssen in den Mittelpunkt gestellt werden.“ Dazu brauche es den Entscheidungswillen der Politik und strengere Regulierungen. Immerhin: „Mit dem EU-Lieferkettengesetz zeichnet sich ein erster Schritt in diese Richtung ab.“
Natürlich hätten es auch die Konsumenten in der Hand, mit ihrem Kaufverhalten Veränderungen anzustoßen. „Bewusster Konsum spielt dabei eine Rolle, ist aber nur ein Teil der Lösung. Derzeit entsteht eine Vielzahl von lokalen Initiativen, die Alternativen zum industriellen Ernährungssystem aufbauen. Sie setzen auf Solidarität, faire Preise für Produzenten und Nachhaltigkeit bei Produktion und Vertrieb. Hier ist auch die Politik gefragt, solche Initiativen zu fördern.“ Als Einzelpersonen könnten wir uns in diesen Strukturen einbringen und mitbestimmen, was auf den Tellern landet. In Vorarlberg gibt es darüber hinaus auch starke Ortsgruppen der ÖBV-Via Campesina (Österreichische Berg- und Kleinbäuerinnen Vereinigung), die sich für kleinbäuerliche Rechte in Vorarlberg, Österreich und der Welt einsetzen.
Filmtage wollen Diskussion fördern
Bei den Filmtagen erwarten die Zuschauer abseits der kritischen Dokumentarfilme auch anregende Debatten. Neben den FIAN-Referenten werden etwa Birgit Werle von der „REGIO Klostertal-Arlberg“, Naomi Reinschmidt und Walter Zerlaut von der „Bewegung für Ernährungssouveränität“, Gemüsebäuerin Daniela Kohler und Matthias Henning von der „Solidarischen Landwirtschaft Rankweil“, einem Gemeinschaftsprojekt für Gemüseanbau, mitdiskutieren.
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