Im gemeinsamen Podcast mit dem ZDF-Moderator Markus Lanz hat der deutsche Star-Philosoph Richard David Precht zu fast allem eine Meinung - nun hat diese aber offenbar Grenzen überschritten. Nach einer falschen Aussage über orthodoxe Juden muss er sich nun den Vorwurf des Antisemitismus gefallen lassen - der öffentlich-rechtliche Rundfunkt hat jetzt Konsequenzen angekündigt.
„Wir bedauern, dass eine Passage in der aktuellen Ausgabe von ,Lanz & Precht‘ Kritik ausgelöst hat. An einer Stelle wurden komplexe Zusammenhänge verkürzt dargestellt, was missverständlich interpretiert werden konnte. Deshalb haben wir diesen Satz entfernt“, erklärte das ZDF am Sonntag im Begleittext zur aktuellen Folge des wöchentlichen Podcasts.
Lanz: „Die meisten von ihnen arbeiten nicht“
Der Sender sah sich zu dem Statement gezwungen, nachdem eine Welle der Kritik losgegangen war. Die Vorlage in der am Freitag erschienene Folge lieferte Lanz, der von seinen Begegnungen mit Orthodoxen in Israel erzählte: „Die meisten von ihnen arbeiten nicht, weil sie sich vollumfänglich der Religion widmen.“ Prechts Reaktion bestätigte er mit Einwürfen wie „richtig“ und „genau“.
Precht erklärte dann schließlich, dass orthodoxe Juden aus religiösen Gründen nicht arbeiten dürften, dies sei „von der Religion her untersagt“ - „ein paar Sachen, wie Diamanthandel und ein paar Finanzgeschäfte ausgenommen.“
„Wenn man keine Ahnung hat, sollte man besser nichts sagen“
Aber nicht nur in den sozialen Medien tobte der Unmut gegenüber dem Philosophen - auch die Deutsch-Israelische Gesellschaft zeigte sich empört über Prechts Aussage. „Mazal tov, die Herren Precht & Lanz, ein ganz neuer Tiefpunkt!“, schrieb die Deutsch-Israelische Gesellschaft auf der Plattform X (vormals Twitter). Derlei antisemitische Aussagen seien empörend.
Tatsächlich lebt in Israel eine Minderheit von mehr als einer Million ultraorthodoxer Charedim, die das moderne aufgeklärte Judentum ablehnen. Laut Regierungsangaben ist die Mehrheit der Frauen, aber nur rund die Hälfte der Männer berufstätig, viele beschäftigen sich im Alltag mit religiösen Studien. Allerdings sind manche orthodoxen Juden unter anderem in der israelischen Hightechindustrie tätig, wie auch Medienberichte aus Israel zeigen.
Die finanzielle Unterstützung der oft kinderreichen Familien und Privilegien wie Ausnahmen vom Militärdienst sind innerhalb Israels umstritten. Dass Juden historisch in Finanzberufe gedrängt wurden, liegt hingegen an der Ausgrenzung durch christliche Europäer, die ihnen damals im Christentum verpönte Berufe als Nische überließen.
„Schuster bleib bei deinen Leisten: Lieber Richard David Precht, wenn man keine Ahnung vom Judentum hat, sollte man besser nichts darüber sagen, als uralte antisemitische Verschwörungstheorien aufzuwärmen“, teilte sie auf X mit.
Precht will das Gesagte aufarbeiten
Mittlerweile hat das ZDF die entsprechende Passage bereits von seinen Kanälen entfernt. Und auch Precht selbst nahm in einem nachträglich eingefügten Statement vor der Folge Stellung: Es sei eine Formulierung gefallen, die Anstoß erregt und zu Kritik geführt habe, heißt es darin.
„Das möchten wir natürlich nicht und das bedauern wir auch sehr, dass das so ist. Zumal es nicht ansatzweise irgendwie so gemeint gewesen ist, wie es aufgefasst wurde.“ Er wolle das Gesagte in der nächsten Folge aufarbeiten.
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