Nach Terror in Belgien
„Angriffe auch bei uns nicht auszuschließen“
Nach dem Anschlag in Belgien sind die EU-Länder in Alarmbereitschaft. Der 45-jährige Täter, ein Tunesier, der mit Schussverletzungen auf eine Intensivstation gebracht wurde und später verstarb, war den Behörden kein Unbekannter. Experten rechnen in den kommenden Wochen und Monaten mit einer weiteren Zuspitzung der Terror-Bedrohungslage in ganz Europa. Im Interview mit der „Krone“ äußert sich Nicolas Stockhammer zur Sicherheitslage in der EU und Österreich.
„Krone“: Herr Doktor Stockhammer, wie haben Sie am Montag von den Schüssen in Brüssel Wind bekommen?
Nicolas Stockhammer: Mein wissenschaftlicher Mitarbeiter hat mich informiert, danach sind auf sozialen Medien schon die ersten Meldungen aufgepoppt.
Was war Ihr erster Gedanke, als Sie von dem Anschlag erfahren haben?
Dass es einen Zusammenhang zur aktuellen Lage in Israel geben kann. Doch dieser Gedanke hat sich nicht erhärtet, stattdessen deutet wohl alles darauf hin, dass es im Zusammenhang mit Koran-Verbrennungen in Schweden zu tun hat.
Was bestärkt Sie in dieser Annahme?
Der Täter hat bewusst auf Menschen geschossen, die schwedische Fußballtrikots getragen haben. Des Weiteren gibt es auch noch eine nicht bestätigte Videobotschaft des Schützen, in der er sich auch wegen der Koran-Verbrennung dazu bekannt hat. Gesichert ist, dass er sich der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) verschrieben hat und nicht der Hamas oder anderen Terrororganisationen.
Wie nehmen Hamas und Hisbollah, eine andere Terror-Organisation aus dem Libanon, diesen oder solche Anschläge wahr?
Es gibt immer eine eigene Verarbeitung solcher Ereignisse, und wenn es gerade in ihre eigenen Propaganda-Schienen passt, nehmen sie es inhaltlich auch auf. Der Konflikt im Nahen Osten ist auf jeden Fall ein Beschleuniger für terroristische Aktivitäten, und es besteht auf diese Art ein direkter Zusammenhang. Bei einem Einmarsch von Israel in den Gazastreifen wird auf jeden Fall mit einer Zuspitzung der Terrorismusbedrohung in Europa zu rechnen sein. Und ich wage zu prophezeiten, dass in den nächsten Wochen und Monaten weitere terroristische Aktivitäten befürchtet werden müssen. Vor allem durch Einzeltäter oder kleine Zellen. Der IS-Terror steht in Europa vor der Türe.
Fakten
- November 2015: Koordinierte Anschläge in Paris in Frankreich fordern 130 Tote - darunter im Konzertsaal Bataclan, in Restaurants und in einem Fußballstadion.
- März 2016: Bombenanschläge auf den Flughafen von Brüssel (Belgien) und in U-Bahn-Station enden mit 35 Toten.
- Juli 2016: In Nizza in Frankreich rast ein Lkw während einer Nationalfeier in die Menschenmenge: 86 Tote.
- Mai 2017: Ein Selbstmordattentat nach einem Konzert von Ariana Grande in Manchester (England) fordert 22 Tote - darunter viele Kinder.
Es ist nicht der erste Terroranschlag in Brüssel gewesen. Warum bekommen die Sicherheitskräfte Brüssel nicht unter Kontrolle?
Offensichtlich ist der dortige Polizeiapparat nicht sehr effizient, und es ist mir auch ein Rätsel, warum es dort immer wieder terroristische Anschläge gibt.
Müssen wir jetzt auch in Österreich wieder mit Anschlägen rechnen?
Die terroristische Bedrohungslage in Österreich ist abstrakt. Aber es ist nicht auszuschließen, dass es in nächster Zeit auch hierzulande wieder passieren kann. Wir sind keine Insel der Seligen mehr. Ich habe auch zu dem Thema ein Buch geschrieben, das am 2. November erscheinen wird.
Wie kann die Gesellschaft gegen diese schrecklichen Terroranschläge ankämpfen?
Die Prävention ist mit Sicherheit das beste Rezept. Es gilt, auch im persönlichen Umfeld Radikalisierung zu bekämpfen und sich auch den Terror verharmlosenden Aussagen vehement entgegenzusetzen.
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