Einsatz von ATACMS
„Libelle“ der Ukraine versetzt Kreml herben Schlag
Die Ukraine hat russische Stützpunkte weit hinter der Front empfindlich getroffen. Dabei kamen offenbar zum ersten Mal US-Raketen vom Typ ATACMS zum Einsatz. Die Lieferung der Biden-Regierung eröffnet neue Möglichkeiten - und erhöht den Druck unter Verbündeten.
In den besetzten ukrainischen Städten Luhansk und Berdjansk sind in der Nacht auf Dienstag russische Militärstützpunkte schwer getroffen worden. Besonders ist das deshalb, weil sich die Ziele der ukrainischen „Operation Dragonfly“ - zu Deutsch Libelle - teilweise bis zu 150 Kilometer hinter der Front befinden.
Selenskyj bestätigt ATACMS-Einsatz
Am Dienstagabend bestätigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj das, was viele Kriegsbeobachter bereits vermutet hatten: Die USA sollen der Ukraine erstmals Langstrecken-Raketen vom Typ ATACMS zur Verfügung gestellt haben.
„Mein besonderer Dank gilt heute den USA. Unsere Vereinbarungen mit Präsident Biden funktionieren“, erklärte Selenskyj in einer Videoansprache auf der Plattform X. Die Vereinbarungen würden „präzise“ umgesetzt werden. „ATACMS haben sich bewährt.“
Der ukrainische Präsident dürfte hier auf die Forderung der Biden-Regierung anspielen, die Langstrecken-Raketen nur auf ukrainischem Territorium einzusetzen. Diese Limitierung galt unter US-Vertretern als „unverhandelbar“.
„Heimliche“ Lieferung
Das „Wall Street Journal“ und der Nachrichtensender CNN berichteten am Dienstag unter Berufung auf informierte Kreise und US-Regierungsvertreter, die „heimliche“ Lieferung sei kürzlich erfolgt. Die neue Waffe wurde in bisher gelieferten Rüstungspaketen nicht vermerkt. Offenbar deswegen, um die russische Seite zu überraschen.
Die gelieferten ATACMS seien nicht mit einem einzelnen Sprengkopf, sondern mit Streumunition bestückt. Zudem handle es sich um Modelle mit gedrosselter Reichweite. Aus dem US-Verteidigungsministerium gab es dazu zunächst keine Angaben.
Bisher hat der Westen die Ukraine mit Storm-Shadow-Marschflugkörpern ausgestattet, um strategisch bedeutsame Ziele zu treffen. Der Unterschied zu ATACMS: Sie sind um ein Vielfaches langsamer als das US-Modell. Vor allem bei mobilen Zielen ist das ein Problem.
Militärblogger in Aufruhr
In Russland dürfte die neue Bedrohung sehr ernst genommen werden. Kremltreue Militärblogger bezeichnen den jüngsten Schlag als den schwersten auf russische Luftwaffenstützpunkte seit dem Einmarsch der Russen in die Ukraine vor knapp 20 Monaten. Ukrainischen Angaben zufolge wurden in Luhansk und Berdjansk gezielt Flugplätze und Militär-Hubschrauber ins Visier genommen. Die Verluste auf russischer Seite sollen demnach schwerwiegend sein.
Darüber hinaus seien Spezialtechnik und eine Abschussrampe der Flugabwehr zerstört worden, teilten die Spezialkräfte der Armee in Kiew am Dienstag über Telegram mit. Start- und Landebahnen seien ebenfalls beschädigt worden. Zwei Munitionsdepots seien in Flammen aufgegangen. Die Explosionen sollen über Stunden angehalten haben, wie Videos in sozialen Medien nahelegen.
Die Ukraine fordert die ATACMS-Raketen des Herstellers Lockheed Martin mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern seit Längerem. Sie werden vom Boden zu Zielen am Boden abgefeuert und treffen sehr präzise. Neuere Modelle sind lenkfähig, ältere nicht.
Scholz unter Zugzwang
ATACMS werden wegen ihrer Reichweite oft mit den deutschen Taurus-Marschkörpern verglichen, welche Kiew ebenfalls fordert. Die Taurus-Marschflugkörper sind für die Zerstörung von Bunkern und geschützten Gefechtsständen in bis zu 500 Kilometer Entfernung geeignet.
Der Druck auf die deutsche Bundesregierung dürfte nun größer werden. Experten halten es für möglich, dass Bundeskanzler Olaf Scholz seine Blockadehaltung aufgibt, da er sich bereits in der Vergangenheit an den Lieferungen der USA orientierte. Spätestens dann müsste Russland logistisch wichtige Stützpunkte, Versorgungslinien und vieles mehr weiter ins Hinterland verlegen.
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