Ernährungsbedingte Volkskrankheiten, Mikroplastik und Klimakrise erfordern rasches Umdenken. Am Kongresses „Ernährung: gesund, nachhaltig und leistbar“ in Wien zeigte das Österreichische Akademische Institut für Ernährungsmedizin (ÖAIE) Lösungen für eine Ernährung der Zukunft auf.
Wenn das westliche Essverhalten beibehalten wird, werden laut OECD bis zum Jahre 2030 90 Millionen Menschen an ernährungsbedingten Erkrankungen sterben. Übergewicht und Fettleber etwa gefährden massiv die Gesundheit. Wie erfolgreiche Vorsorge bereits im Kindesalter stattfinden kann, zeigt das Präventionsprojekt „EDDY“ des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin (ÖAIE): Dabei erhalten Schüler einer Wiener Volksschule pro Semester jeweils zehn Stunden Ernährungsschulung und sportliches Training auf wissenschaftlich fundierter Basis.
Deutliche Erfolge
„Wir sehen, dass durch diese Interventionen die Zahl der übergewichtigen Kinder gesunken ist, während sie an Vergleichsschulen ohne dieses Programm stieg. Die Besorgnis erregende Zunahme an Übergewichtigkeit im Kindesalter kann erfolgreich eingebremst werden“, erklärte Univ.-Prof. Dr. Kurt Widhalm, Präsident des ÖAIE. Für extrem Übergewichtige muss es eigene Therapieprogramme geben, fordert der Mediziner.
Gefahr Fettleber
Wird nicht schon früh etwas gegen Übergewicht und Adipositas unternommen, kommt es zur gefürchteten nicht-alkoholischen Fettleber. Etwa 30 Prozent der Bevölkerung sind davon betroffen. „Charakteristisch sind Fetteinlagerungen in der Leber, die zu Entzündung, Vernarbung mit Entwicklung einer Leberzirrhose (Schrumpfung der Leber) führen“, erläutert Univ.-Prof. Dr. Michael Trauner, Klinische Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie MedUni Wien. „Aber auch Herzkreislauferkrankungen, Diabetes und Krebserkrankungen treten vermehrt auf.“
Obwohl die Fettleber so häufig vorkommt, gibt es derzeit noch keine gezielte medikamentöse Therapie. Stattdessen stellt die Ernährung und körperliche Aktivität die wichtigste Maßnahme dar, um vorzubeugen und auch zu behandeln. Essenziell ist dabei vor allem eine Kalorienreduktion (um etwa 500kcal/Tag), damit ein deutlicher Gewichtsverlust erreicht wird, und die Leber sich wieder regenerieren kann.
Essverhalten umstellen
Die Gewichtsabnahme sollte unbedingt mehr als 10 Prozent betragen, um auch eine Verbesserung der Fibrose (Bindegewebeablagerung die zur Leberzirrhose führt) zu erreichen. Mediterrane Ernährung, die reich an Gemüse und Obst, Hülsenfrüchten sowie Nüssen ist, leicht umgesetzt werden kann. Außerdem enthält diese Ernährungsform wenig verarbeitete Nahrungsmittel, gesüßte Getränke, dafür enthält sie reiclich gesundheitsfördernde ungesättigten Fettsäuren.
Mikroplastik im Körper
Eine weitere Gefahr für die Gesundheit stellt Mikroplastik dar. Aktuellen Studien zu Folge nehmen wir bis zu 5 Gramm Mikroplastik pro Woche mit der Nahrung auf - das entspricht in etwa dem Gewicht einer Kreditkarte. Bereits im Stuhl von Neugeborenen kann Mikroplastik nachgewiesen werden. „Bei Laborversuchen sehen wir, dass die Zufuhr von Mikroplastik das Darmbiom verändert und negative Auswirkungen auf den Stoffwechsel hat“, erklärte Assoz. Prof. Dr. Vanessa Stadlbauer-Köllner von der Medizinischen Universität Graz.
Als Mikroplastik werden mikroskopisch kleine Kunststoffpartikel bezeichnet, die zwischen 5 Millimeter und 1000 Nanometer klein sind. Es stammt etwa von achtlos weggeworfene Plastiksackerl, Flaschen oder Verpackungen die nicht verrotten. Durch Witterung, Alterungs- und Zerfallsprozesse entsteht so Mikroplastik.
Mögliche Schädigungsmechanismen von Mikroplastik sind unter anderem die Auslösung von oxidativem Stress (schädigt die Körperzellen), Störung von Stoffwechselprozessen und Auslösung von Entzündungen. Mikroplastik kann aber auch als Vehikel für andere Gitfstoffe oder Mikroorganismen dienen, die an der Oberfläche der Partikel anhaften. Deshalb muss intensiv nach Lösungen gesucht werden, wie die Schädigung durch Mikroplastik geringgehalten werden kann. Hier gibt es bereits erste Hinweise, dass manche Bakterien Enzyme besitzen, die es ihnen erlauben, Mikroplastik abzubauen.
Die Ernährung ist für 20 bis 30 Prozent aller Treibhausgas-Emissionen in Österreich verantwortlich. Neben der Verdoppelung des Konsums von Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen - sollten 50 Prozent weniger Zucker und 66 Prozent weniger Fleisch konsumiert werden, dem Körper und Klima zuliebe. “Bei der Herstellung von einer Kalorie Fleisch sind im Schnitt vier bis zehn Kalorien pflanzliche Energie in Form von Futtermitteln erforderlich“, betonte Dipl.- Ing. Dr. Thomas Lindenthal, Universität für Bodenkultur Wien.
Durch pflanzenbetonte Kost würde aufgrund des deutlich geringeren Ackerflächenverbrauchs der Intensivierungsdruck in der Landwirtschaft sinken. Eine weitere Absenkung der Treibhausgas-Emissionen um 15 bis 30 Prozent wäre möglich. Mit gesundem Ernährungsverhalten könnte auch eine großflächige Umstellung auf biologische Landwirtschaft erfolgen, ohne die Nahrungsmittelversorgung für die österreichische Bevölkerung zu gefährden.
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