In beeindruckender Manier hat sich Salzburgs Sommerneuzugang Mads Bidstrup zum Schlüsselspieler im Team von Gerhard Struber entwickelt. Im großen Interview mit der „Krone“ spricht er über seine ersten Monate in der Mozartstadt, eine originelle Bestrafung in Leipzig und das Duell gegen Inter Mailand.
„Krone“: Mads, du hast in Salzburg keine Anlaufzeit benötigt und sportlich sofort abgeliefert. Wie kommt’s?
Mads Bidstrup: Maurits Kjaergaard hat da sicher eine wichtige Rolle gespielt, er hat mich willkommen geheißen und mir vieles gezeigt. Aber es war bei weitem nicht nur er. Der ganze Stab und die Jungs waren unglaublich. Es ist immer schwierig, als Neuer zu einer Mannschaft zu stoßen. Hier hatte ich aber das Gefühl, sofort ich selbst sein zu können. Der Einstieg hier daher sehr einfach.
Wie gefällt dir das Leben in Salzburg?
Man kann es ein bisschen mit Dänemark vergleichen. Die Leute hier sind super freundlich. Ich liebe die Stadt Salzburg, auch wenn sie doch kleiner ist als Kopenhagen oder London. Der Fußball ist mir sehr wichtig, das persönliche Leben muss ebenfalls passen. Hier fühle ich mich pudelwohl.
Christoph Freund und Matthias Jaissle waren daran beteiligt, dich nach Salzburg zu lotsen. Plötzlich waren beide weg. Was hat sich für dich verändert?
(lacht) Es war doch ein bisschen ungewöhnlich, dass der Sportdirektor und Coach plötzlich gegangen sind. Christoph hat mir aber versichert, dass die gesamte Organisation, der Klub hier sehr stark ist. Er war eine extrem wichtige Person , aber er hat mir immer gesagt, dass alles einen guten Weg nehmen würde. Bis jetzt hatte er vollkommen recht damit. Ich genieße es, mit Gerhard (Struber) und Bernie (Seonbuchner) zu arbeiten und kann sagen, dass ich bisher eine tolle Zeit hier hatte.
Du warst in Leipzig und auf der Insel bei Brentford aktiv. Dennoch wolltest du unbedingt nach Salzburg. Warum?
Leute, die sich mit Fußball befassen, wissen, dass dieser Klub etwas Besonderes ist, dass hier besondere Dinge passieren. Am wichtigsten war mir, eine wichtige Rolle innerhalb des Teams zu spielen. Dieses Verlangen hatte ich schon davor, in Leipzig und Brentford hatte ich diese aber nicht. Bei Nordsjaelland habe ich dann gemerkt, dass ich genau das aber brauche und dadurch ein besserer Spieler werde. In Salzburg war man davon überzeugt, dass ich eine besondere Rolle einnehmen könnte.
Du hattest als Jugendspieler Verletzungen, die dazu geführt haben, dass sich dein Spielstil verändert hat. Kannst du das genauer erläutern?
Als ich nach Leipzig kam, hatte ich mich verletzt. Dazu kam der neue Red-Bull-Stil. Dadurch musste ich nach meiner Rückkehr etwas verändern. Mein Spiel wurde physischer. Ich habe auch gemerkt, dass mein technischer Level nicht mehr dort war, wo er hätte sein sollen. Diese Veränderung hat mir gutgetan und gezeigt, dass du nicht der Beste am Ball sein musst, um ein guter Fußballer zu werden. Ich wusste, dass ich mich mit starker Physis, Schnelligkeit und guter Defensivarbeit weiterentwickeln kann. Ich arbeite aber immer noch daran, technisch wieder so gut wie vor meiner Verletzung zu werden.
Bei den Rasenballern musstest du einige Tage auch in ungewohnter Rolle arbeiten. Wie kam es dazu?
(lacht) Das alles basiert auf einem Missverständnis. Ich war im Urlaub und hätte Läufe absolvieren müssen. Irgendwie hatte ich das aber missverstanden. Jedenfalls kam ich zurück und der Klub wollte meine Läufe überprüfen, die es nicht gab. Die Verantwortlichen bestraften mich, ich musste eine Geldstrafe zahlen. Dazu gab es aber noch eine Überraschung.
Zu meinen Tätigkeiten gehörte, Unkraut zu zupfen. Um ehrlich zu sein, war das Ganze total peinlich für mich, weil ich bei den Profis mittrainierte und sie alles mitbekamen.
Mads BIDSTRUP über seinen „Ausflug“ in den Job des Greenkeepers
Ein Jobwechsel?
Genau. Sie befanden, ich müsste zusätzlich eine Woche als Greenkeeper arbeiten. Ich musste daher um sieben Uhr morgens am Trainingsgelände sein und die Kleidung der Rasenpfleger anziehen. Zu meinen Tätigkeiten gehörte, Unkraut zu zupfen. Um ehrlich zu sein, war das Ganze total peinlich für mich, weil ich bei den Profis mittrainierte und sie alles mitbekamen. Ich erinnere mich noch genau an einen Tag, wo sie auf dem Platz standen und ich mit dem Laubbläser die ganzen Blätter einsammeln musste. Ihr könnt mir glauben, ich habe meine Lektion gelernt! (lacht) Am Ende war ich aber gut befreundet mit den Greenkeepern und habe mit ihnen darüber gescherzt, was wir noch besser machen können. Ich weiß seither einen guten Rasen noch mehr zu schätzen.
Am ersten Spieltag der Champions League hast du mit 14 Kilometern einen Laufrekord markiert. Hast du einen Zusatzmotor eingebaut?
Mir wird oft gesagt, dass ich Glück habe. Vielleicht habe ich so etwas wie einen speziellen Motor, aber ganz im Ernst: Ich arbeite unglaublich hart dafür, um fit zu sein. Ich laufe auch, wenn wir nicht trainieren und bin immer in Bewegung.
Deine Kollegen arbeiten vermutlich ebenfalls hart. Hast du körperlich bessere Voraussetzungen?
Nein, ich arbeite einfach richtig hart, wenn es um die Laufstärke geht. Andere Spieler tun das in anderen Bereichen. Nimm Oscar Gloukh her. Er ist der technisch versierteste Spieler, den ich je gesehen habe. Er arbeitet viel mehr an seinen technischen Fähigkeiten und an Schüssen als andere. Ich arbeite viel an meinen Stärken, bin aber auch dabei, meine Schwächen zu verbessern.
Wenn wir bei deinen Schwächen sind, dann unken deine Kollegen, dich nie vor dem gegnerischen Tor zu finden. Du wartest noch auf deinen ersten Profitreffer. Was machst du dagegen?
Es ist wirklich schwierig, an der Torgefahr zu arbeiten. Ich bin jemand, der seinen Job sehr gewissenhaft ausübt und darauf achtet, dass wir die Balance halten. Die Jungs haben gemeint, ich muss es einfach passieren lassen. Ich denke, dass ich schon etwas gefährlicher geworden bin. Aber nur eine Torvorlage heißt, dass ich hier Luft nach oben habe.
Als deine besten Positionen gelten die Sechs und die Acht. Wo fühlst du dich wohler?
Ich liebe es, auf der Sechs zu spielen. Mein Stil ist oftmals ein bisschen wild, als Sechs musst du aber extrem diszipliniert sein. In Salzburg spielen wir ja meist mit der Raute, da pressen wir als Achter extrem, was meinem Stil sicher sehr entgegenkommt. Manchmal agieren wir auch in der Doppel-Sechs, das gefällt mir auch.
Welche Spieler bewunderst du?
Ich habe Zinedine Zidane immer bewundert. Ich habe ihn nie live spielen gesehen, dafür aber Youtube-Videos von ihm inhaliert. Es ist verrückt, wie gut er war! Ich schaue Rodri aber auch sehr gerne zu, weil er so unfassbar stark am Ball ist, zugleich aber auch in der Defensivarbeit. Wenn ich mich mit jemandem vergleichen müsste, wäre es N’Golo Kante. Er ist auch überall auf dem Platz. Sein Stil gefällt mir gut.
Kante gilt privat als extrem schüchterner Typ, der ungern im Mittelpunkt steht. Wie tickst du?
Ich will ich selbst sein und mich in Interviews nicht verstellen. Ich denke, dass ich kein Langweiler bin, eher eine offene Person . Meine Kollegen wissen, dass ich auch mal verrückt sein kann.
Kannst du das konkretisieren?
Ich will immer unbedingt gewinnen und gut performen. Wenn das nicht gelingt, kann ich schon mal verrücktspielen.
Was von Anfang an auffiel, sind deine Führungsqualitäten auf dem Platz. Wie wichtig ist es dir, Verantwortung zu übernehmen?
Da kommen wir auf meine Rolle zurück. Die Jungs haben mich sofort akzeptiert als Spieler und Persönlichkeit. Das war wichtig. Ich denke, dass ich so etwas wie ein Führungsspieler bin. Daher ist es toll, dass die anderen das angenommen haben.
Die Fans haben dich ebenfalls sofort in Herz geschlossen. Wie empfindest du ihre Zuneigung?
Ich habe ja gesagt, dass die Akzeptanz meiner Mitspieler wichtig war. Die Zuneigung der Fans ist genauso wichtig. Sie haben mich so herzlich aufgenommen, das gibt mir ein gutes Gefühl. Ich weiß das sehr zu schätzen und will ihnen das mit guten Leistungen zurückgeben.
Stehst du privat auch immer unter Strom?
Da bin ich sehr entspannt. Ich liebe Fußball, aber auch andere Dinge. Ich bin unheimlich gern mit meiner Familie zusammen, mit meiner Freundin. Als Spieler gebe ich alles, um ein besserer Kicker zu werden. Zuhause koche ich ganz gerne, auch wenn ich nicht gut bin. Das ist wie mit dem Toreschießen: Ich sollte beides verbessern (lacht).
Gegen Real Sociedad warst du nicht ganz fit, was sich spürbar auf deine Leistung ausgewirkt hat. Wie sehr lebst du von deiner Physis?
Das hat man absolut gemerkt, das stimmt. Die Physis spielt bei mir eine entscheidende Rolle, daher ist es immens wichtig, topfit zu sein. Wenn ich nicht an die 100 Prozent rankomme und meine Sprints durchziehen kann, leidet die Leistung. Daran muss ich arbeiten, denn ich muss auch dann ein guter Spieler sein, wenn ich mal nicht an mein Maximum herankomme.
Wie würdest du deine Saison bisher resümieren?
Sehr gut! Es gab ein paar Auf und Abs. Der Sieg bei Benfica war sicher verrückt, aber generell gab es viele Spiele, die toll waren. Zuletzt lief es nicht immer so gut für uns. Wir müssen daran arbeiten, dass wir nach Spielen wie in Lissabon auch daheim gegen Blau-Weiß Linz überzeugen können. Das fliegt dir nicht einfach so zu, da haben wir was Wichtiges gelernt.
Wie würdest du deine Beziehung zu Trainer Gerhard Struber beschreiben?
Die ist ausgezeichnet! Ich denke, dass er taktisch ein sehr guter Trainer ist. Und noch mehr, wenn es um den zwischenmenschlichen Bereich geht. Er schafft es ungemein gut, jeden bei Laune zu halten. Ich würde sagen, dass wir ein sehr enges Verhältnis zueinander haben.
Nach Benfica und Real Sociedad wartet am Dienstag Inter Mailand auf euch. Was weißt du über die Mannschaft?
Es ist nicht so, dass ich sie in der Vergangenheit besonders intensiv verfolgt habe. Zweifellos gehören sie aber zu den größten Klubs der Welt und standen in der vergangenen Saison im Finale der Champions League. Dort haben sie beeindruckt gegen Manchester City und waren zumindest ebenbürtig. Viele ihrer Spieler haben enorme Erfahrung. Wir können sie vielleicht mit unserer Jugendlichkeit und Energie überraschen. Wir hatten ja ein Testspiel im Sommer, da hat man gesehen, dass wir sie mithalten können. Wir wollen zurück auf die Siegerstraße finden.
Gibt es Inter-Spieler, die du bewunderst?
Nicolo Barella ist ein Topkicker und einer, auf den ich während des Spiels besonders aufpassen muss. Aber das gesamte Team ist unglaublich. Wenn man es runterbricht, sind sie aber auch nur Fußballer wie wir. Wir haben Respekt vor ihnen, wissen aber, dass wir ein super Team haben und zu Besonderem fähig sind.
Kannst du dir vorstellen, dass sie euch unterschätzen?
Sie haben das Benfica-Spiel sicher mitbekommen und wissen, dass wir gehörigen Schaden anrichten können. Ich erwarte ein sehr hartes Spiel im San Siro. Sie müssen aber wissen, dass wir nicht hinfahren, um Erfahrungen zu sammeln. Wir sind dort, um dort drei Punkte mitzunehmen! Es wird aufregend, ich freue mich darauf.
Das San Siro ist ein ikonisches Stadion. Wie denkst du darüber?
Es wird ein gewaltiges Erlebnis für mich, denn ich war noch nie dort. Viele Jungs waren im Vorjahr schon gegen Milan dabei und haben von einer unglaublichen Atmosphäre gesprochen. Leider war das Resultat (0:4) nicht so gut. Diesmal wollen wir es besser machen. Wir sind jedenfalls bereit dafür.
Bist du jemand, der in solchen Spielen nervös wird oder cool bleibt?
Du spürst, dass es vom Gefühl her anders ist in der Champions League, ich würde aber nicht sagen, dass ich nervöser bin. Ich will überzeugen und erlege mir vielleicht noch etwas mehr Druck auf. Da ich aber schon in der Premier League in großen Stadion gespielt habe, kenne ich solche Situationen, weshalb die Vorfreude klar überwiegt.
Wirst du familiär unterstützt?
Mein Papa und mein Berater werden vor Ort sein. Es ist immer toll, jemanden zu haben, der für dich mit dabei ist.
Dein Bruder ist auch Fußballer, spielt in Kopenhagen. Ist deine ganze Familie fußballverrückt?
Meine Mama hat gelernt, den Fußball zu lieben. (lacht) Sie war früher kein großer Fan. Aber wenn wir zusammen sind, geht es meistens gar nicht um den Sport. Sie unterstützen mich voll und ganz und sind stolz auf mich als Fußballer. Das wären sie aber auch, wenn ich Elektriker oder Greenkeeper geworden wäre.
Du hast diverse dänische Nachwuchsnationalteams durchlaufen. Wie sehr würde dich das A-Team reizen?
Das ist selbstverständlich ein großes Ziel. Als Spieler gehört es zum Höchsten, was du erreichen kannst, dass du für dein Heimatland aufläufst. Sie wissen im Verband sicher, dass ich alles dafür gebe, um einberufen zu werden. Ich stehe ein bisschen in Kontakt mit dem Teamchef und hoffe, mein Land bald international vertreten zu dürfen.
Du hast dir mehrere Tattoos stechen lassen. Was haben sie für eine Bedeutung für dich?
Ich bin gläubiger Christ und habe Tattoos, die mit der Bibel zu tun haben. Es gibt Sprüche, es gibt welche, die mich mit meiner Familie verbinden und auch welche, die mir einfach nur so gefallen. Eines weiß ich schon jetzt: Ich lasse mir in den kommenden Jahren sicher noch weitere Tattoos stechen.
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