Tag 3 im Kurz-Prozess:

Zeugenmarathon bis kurz vor Weihnachten

Politik
23.10.2023 19:26

Am Montag ging der dritte Verhandlungstag im Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz über die Bühne. Dabei wurden auch die weiteren Verhandlungstermine vereinbart. Am 17. November beginnen dem Vernehmen nach die ersten Zeugenbefragungen, als erster wird Thomas Schmid geladen. Kritik: Seine wortgleiche Aussage im Ibiza-U-Ausschuss führte nicht zu Ermittlungen. Weiter soll es dann am 11., 15. und 18. Dezember gehen. 

Wenn die beiden Angeklagten den Großen Schwurgerichtssaal im Wiener Landl betreten, ist von Scheu oder Scham keine Spur. Insbesondere der frühere Kanzler Sebastian Kurz scheint am medialen Interesse trotz der widrigen Umstände Gefallen zu finden: Er ruft laut „Guten Morgen“, winkt einzelnen Anwesenden zu, lächelt und hält gekonnt für Fotos inne.

Auch sein mitangeklagter enger Vertrauter Bernhard Bonelli wählt den offensiven Weg. Wie zuvor sein Trauzeuge Kurz, muss sich Bonelli am Montag zum Vorwurf der falschen Beweisaussage im Ibiza-U-Ausschuss zu Aufsichtsratsbestellungen der ÖBAG verantworten.

Die Befragung von Sebastian Kurz und Bernhard Bonelli (re.) ist abgeschlossen. (Bild: APA/ROBERT JAEGER)
Die Befragung von Sebastian Kurz und Bernhard Bonelli (re.) ist abgeschlossen.

Bonelli wundert sich über den Rechtsstaat
Der 40-Jährige bekennt sich wie sein früherer Chef „nicht schuldig“. Als politischer Quereinsteiger habe er wenig Erfahrung mit U-Ausschüssen gehabt. Es sei ihm geraten worden, kurz zu antworten: „Deshalb habe ich mich darauf beschränkt, über formale Zuständigkeiten und nicht über informelle Prozesse zu sprechen“, begründet Bonelli, warum er damals sagte, dass die Zuständigkeit für die Aufsichtsratsbestellung im Finanzministerium liege.

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In meinem Hirn geht sich das einfach nicht aus, wieso das in einem Rechtsstaat möglich sein kann.

Bernhard Bonelli darüber, dass Thomas Schmid im U-Ausschuss wortgleich aussagte, gegen ihn aber nicht ermittelt wurde.

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Ich bin sicher kein großer Freund von Thomas Schmid gewesen.

Bonelli über Schmid

Der vierfache Familienvater und sein Anwalt Werner Suppan zeigen einen Widerspruch auf. So sei auch Thomas Schmid, der in der Chat-Affäre den Kronzeugenstatus anstrebt, im U-Ausschuss gefragt worden, wer denn die Aufsichtsratsmitglieder der ÖBAG bestelle?

Anwalt Werner Suppan (Bild: The Associated Press)
Anwalt Werner Suppan

Schmid antwortete gleich wie Bonelli: „Die Bestellung erfolgte durch den Finanzminister.“ Im Gegensatz zu den nun Angeklagten sei gegen Schmid aber kein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen falscher Beweisaussage eingeleitet worden: „In meinem Hirn geht sich das einfach nicht aus, wieso das in einem Rechtsstaat möglich sein kann“, wirft Bonelli der WKStA vor, mit zweierlei Maß zu messen.

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Ich hoffe, das Verfahren findet bald ein Ende. Es ist eine große Belastung für mich und meine Familie.

Der vierfache Familienvater Bonelli über seine Anklage

Richter lässt weitere Ladungen vorerst offen
Auf die Fragen der Korruptionsjäger antwortet er nicht, würdigt die Oberstaatsanwälte Gregor Adamovic und Roland Koch mit keinem Blick. Über Schmid sagt Bonelli: „Ich war kein großer Freund von ihm“, konkretisiert später im Prozess: „Schmids Hauptziel war es, sein eigenes Fortkommen möglichst zu optimieren.“

Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic (li.) mit Richter Michael Radasztics (Bild: APA/ROBERT JAEGER)
Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic (li.) mit Richter Michael Radasztics

Der frühere ÖBAG-Vorstand wird als erster Zeuge im Prozess befragt. Am 17. November wird der 47-Jährige ins Landl geladen. Richter Radasztics will etwa auch die früheren Minister Hartwig Löger und Gernot Blümel hören, Oberstaatsanwalt Adamovic beantragt unter anderem die Vernehmung von Unternehmer Siegfried Wolf.

Thomas Schmid soll am 17. November als erster Zeuge befragt werden. (Bild: APA/Hans Punz)
Thomas Schmid soll am 17. November als erster Zeuge befragt werden.

Die Vertreter der WKStA und Kurz-Anwalt Otto Dietrich wollen knapp ein Dutzend weitere Zeugen befragt wissen, noch vier Prozesstage bis 18. Dezember sind ausgeschrieben. Richter Michael Radasztics, der Kurz schon am zweiten Prozesstag einen Elfmeter für einen frühzeitigen Freispruch durch Aussagenotstand aufgelegt hatte, scheint vom Zeugenmarathon bis kurz vor Weihnachten wenig begeistert zu sein: „Aus prozessökonomischen Gründen möchte ich zuerst die vier Hauptzeugen laden und im Anschluss über die weiteren Anträge entscheiden.“

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