Zwei Tage nach Sebastian Kurz wieder ein Polit-Prozess im Großen Schwurgerichtssaal. Diesmal allerdings in St. Pölten. Dort muss die frühere niederösterreichische Sportlandesrätin Petra Bohuslav (ÖVP) auf der Anklagebank Platz nehmen. Ihr wurde von der WKStA Untreue in Zusammenhang mit der Auszahlung einer Förderung in der Höhe von 2,8 Millionen Euro für die Mehrzweckhalle Multiversum in Schwechat vorgeworfen. Am frühen Nachmittag spricht das Schöffengericht den - nicht rechtskräftigen - Freispruch aus.
Es geht weit schroffer zu als beim Wiener Prozess gegen den Ex-Kanzler. Schon das einleitende Statement der Angeklagten unterbricht Herr Rat nach wenigen Sätzen: „Das führt zu nichts“, sagt er und beginnt mit der Befragung. Die er so bestimmt führt, dass die nunmehrige kaufmännische Geschäftsführerin der Wiener Staatsoper immer wieder in zittrige Stimme verfällt. „Das ist kein Interview, sondern eine Beschuldigtenbefragung“, mahnt Herr Rat die 58-Jährige, wenn sie nicht konkret auf seine Fragen antwortet. „Für mich war das Projekt immer ein ganz besonderes und förderwürdiges. Ich wüsste nicht, was ich falsch gemacht habe“, ist die frühere ÖVP-Politikerin sichtbar schockiert über die Anklage der WKStA, die zur hohen Strafdrohung von bis zu zehn Jahren Haft führt.
Erste Auszahlung vor Förderantrag
„Die erste Förderungsrate wurde 2010 ohne Beschluss und ohne Vorliegen eines Fördervertrags ausbezahlt“, führt die Oberstaatsanwältin aus. Auch hätte ein Gemeinderatsbeschluss gefehlt. Bohuslav sei bewusst gewesen, dass die Fördervoraussetzungen nicht vorgelegen seien, ist sich die Anklägerin sicher. Die Auszahlung der ersten Rate, bevor überhaupt ein Förderantrag vorlag, verwundert auch den Richter: „Das ist als wenn ein nicht rechtskräftig Verurteilter aufgefordert wird, die Strafe anzutreten“, zieht er als Vergleich.
Causa beschäftigte bereits das Gericht
Der Verteidiger eines der zwei mitangeklagten mittlerweile pensionierten Landesbeamten widerspricht der Anklägerin: „Eine Anklage, die auf derart schwachen Füßen steht, habe ich schon lange nicht mehr gesehen.“ Den von den Verteidigern geforderten Freispruch folgt kurz vor 15 Uhr auch der Schöffensenat. Sowohl Bohuslav als auch die beiden Mitangeklagten werden - nicht rechtskräftig - von den Vorwürfen freigesprochen.
Schon im Frühjahr 2022 endete in Wien ein Prozess in der Causa, wo auch Ex-Tischtennisstar Werner Schlager und der ehemalige Schwechater Bürgermeister Hannes Fazekas (SPÖ) angeklagt waren, mit neun Freisprüchen. Lediglich der Ex-Geschäftsführer des Multiversum wurde damals zu 18 Monaten bedingt in einem Teilaspekt verurteilt.
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