Löst harte Kritik aus

Erdogan: „Hamas ist eine Befreiungsorganisation“

Ausland
25.10.2023 14:19

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die radikalislamische Hamas im Gazastreifen als Befreiungsorganisation bezeichnet. „Die Hamas ist keine terroristische Organisation. Die Hamas ist eine Befreiungsgruppe, die kämpft, um ihr Land und ihr Volk zu schützen“, sagte Erdogan in einer Rede vor Abgeordneten seiner konservativ-islamischen AKP.

Die Hamas hat am 7. Oktober überraschend Israel angegriffen, dabei nach israelischen Angaben mehr als 1400 Menschen getötet und über 220 Geiseln verschleppt. Etliche Länder stufen sie als Terrororganisation ein. Erdogans Bezeichnung der Hamas als Befreiungsorganisation stieß daher umgehend auf Kritik. Italiens Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini von der weit rechtsstehenden Lega nannte sie „abscheulich“. Er werde Außenminister Antonio Tajani vorschlagen, den türkischen Botschafter einzubestellen.

Türkei gewährt Hamas-Mitgliedern Unterschlupf
Die Türkei unterstützt die palästinensische Bevölkerung unter anderem mit Hilfslieferungen, sie befürwortet eine Zwei-Staaten-Lösung und gewährt Hamas-Mitgliedern Unterschlupf. Die Regierung in Ankara hat sich auch als Vermittlerin im Krieg Israels gegen die Hamas. Erdogan forderte in seiner Rede am Mittwoch eine umgehende Feuerpause. Die israelischen Angriffe auf den Gazastreifen müssten sofort beendet werden, ebenso die Angriffe auf israelisches Gebiet.

Unterstützung für Israel „geisteskrank“
Die israelischen Angriffe und die Unterstützung dafür kämen einem „Mord“ und einer „Geisteskrankheit“ gleich. Die „für Israel vergossenen Tränen des Westens seien eine Manifestation von Betrug“. Bei israelischen Angriffen auf den Gazastreifen, die als Reaktion auf den Hamas-Angriff erfolgten, wurden seit 7. Oktober nach Angaben der Behörden in Gaza bisher mehr als 6500 Menschen getötet, darunter 2700 Kinder.

Der türkische Präsident rief die islamischen Staaten auf, gemeinsam zu handeln und auf einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten hinzuwirken. Die Weltmächte forderte er auf, Druck auf Israel auszuüben, damit es seine Angriffe auf den Gazastreifen beende. Dort müsse der Grenzübergang zu Ägypten geöffnet bleiben, damit Hilfslieferungen zu den Menschen im Gazastreifen gelangen und Gefangene ausgetauscht werden könnten, forderte Erdogan.

Erdogan präsentierte kürzlich eine historisch falsche Karte: Der nie umgesetzte UN-Teilungsplan von 1947 wird als tatsächliche Grenzverschiebung gezeigt, die 1949-1967 von Ägypten und Jordanien besetzten Gebiete werden als „Palästina“ bezeichnet. (Bild: Adem ALTAN / AFP)
Erdogan präsentierte kürzlich eine historisch falsche Karte: Der nie umgesetzte UN-Teilungsplan von 1947 wird als tatsächliche Grenzverschiebung gezeigt, die 1949-1967 von Ägypten und Jordanien besetzten Gebiete werden als „Palästina“ bezeichnet.

„Siedlungsterror“ beenden
Israel habe die guten Absichten der Türkei ausgenutzt, sagte der Präsident weiter. Er werde daher nicht wie geplant nach Israel reisen. „Wir haben kein Problem mit dem israelischen Staat. Aber wir haben Probleme mit Israels Politik gegenüber den Palästinensern.“ So müsse Israel seinen „Siedlungsterror“ in Ramallah im Westjordanland und anderswo beenden. Solche jüdischen Siedlungen auf besetztem Gebiet im Westjordanland werden seit langem gebaut, sind international aber nicht anerkannt. Die Vereinten Nationen haben per Resolution die sofortige und vollständige Einstellung des Siedlungsbaus gefordert.

Fordert UNO-Reform
Erdogan bedauerte es, dass es der UNO nicht gelungen sei, sich auf eine Resolution zur Bombardierung des Gazastreifens durch Israel und auf eine Forderung nach einer humanitären Feuerpause zu einigen. Er forderte eine Reform des UNO-Sicherheitsrates, um ihn integrativer zu machen. Derzeit besteht dieses Gremium aus fünf ständigen und zehn nicht ständigen Mitgliedern. Die fünf ständigen Mitglieder USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich haben jeweils ein Vetorecht, weswegen häufig Resolutionen scheitern.

Telefonat mit Putin
Zuvor hatte der türkische Präsident nach Angaben seines Büros in einem Telefonat mit dem russischen Staatsoberhaupt Wladimir Putin erklärt, das Schweigen westlicher Länder verschärfe die humanitäre Krise im Gazastreifen. Demnach hat Erdogan in dem Gespräch gesagt, die Grausamkeit in palästinensischen Gebieten werde immer schlimmer, es würden ständig Zivilisten getötet.

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