Vorfrühling in Auersthal, stilles Weinviertel, Niederösterreich. In ihrem Haus mit Garten empfängt Großfamilie Dür den "Krone"-Besuch. Jeder hat ein Baby im Arm: Vater Ahmet, Mutter Tugba, Oma Ayse und die große Schwester der Fünflinge, die ebenfalls Ayse heißt. Wo ist Baby Nummer fünf? Die kleine Feyza schlummert wie ein Murmeltierchen im rosa Himmelbett und lässt uns warten wie die Prinzessin auf der Erbse. Fad wird niemandem in der Zeit.
Fünf Babys sind ein Krimi
Zwei Tanten der Fünflinge haben den Tisch mit köstlichen türkischen Mehlspeisen gedeckt und Kaffee gebrüht. Man sitzt um den langen Tisch herum und erzählt sich aufregende Geschichten aus dem Baby-Alltag. EIN Baby ist ein 24-Stunden-Job, jede Mutter weiß das, aber FÜNF Babys sind ein Krimi.
Die Küche ähnelt einer Säuglings-Versorgungsstation: Pro Woche werden hier fast sechs Kilo Milchpulver verarbeitet und literweise Fenchel-, Kamillen- und Früchtetees parat gemacht. 14 Schnuller liegen zum Abkochen bereit.
Einziger Mann im Haus versorgt seine sieben Frauen
"Hier werden wir diesen Sonntag den ersten Geburtstag unserer fünf Mädchen feiern", verkündet Ahmet Dür, der (einzige) Mann im Haus, mit dankbarem Stolz. "Familiärer Rahmen. Mit Tanten, Onkel, so um die 20 Erwachsene werden es schon sein."
Die Frauen lassen ihn reden, als wär er der Herr im Haus. Wie gute Geister huschen sie herum, summen Lieder, füllen Milchfläschchen, fischen Strampler aus den Schubladen, wechseln Windeln. "Gemeinsam schaffen wir das", macht Ahmet allen Mut, auch wenn in diesem Fall halbe-halbe logistisch nicht möglich ist.
Der Vater pendelt jeden Tag nach Wien, arbeitet bei den Wiener Linien als Busfahrer – vor Kurzem ist er zum Expediteur aufgestiegen. Ohne die Hilfe seiner beiden Schwestern und der Oma könnte seine Frau den Alltag mit Fünflingen unmöglich schaffen. Ahmet ist Alleinverdiener. Für seine geliebten Sieben: sechs Töchter, eine Frau.
"Fünf auf einen Streich" - der Schock war anfangs groß
Als die 26-jährige Tugba Dür 2010 zum zweiten Mal schwanger wurde, dachte das Paar glücklich an ein zweites Kind. Fünf auf einen Streich! "Die Nachricht hat uns schwer geschockt", erinnert sich Ahmet. Die Ärzte hätten vor der Fünflingsschwangerschaft ausdrücklich gewarnt. "Sie empfahlen uns sogar, die Zahl der Embryos zu reduzieren, aber welches der fünf Herzen, die schon zu schlagen begonnen hatten, hätten wir zum Erlöschen bringen sollen?"
Ahmet ist gläubiger Muslim. Die Vorstellung einer Abtreibung sei für ihn und seine Familie absolut indiskutabel gewesen. "Es ist uns aber ganz wichtig zu sagen, dass meine Frau keine Kinderwunsch-Hormontherapie anwenden ließ. Wir verdanken den Kindersegen einer gesundheitlichen Krise meiner Frau. Sie brauchte eine langwierige Therapie mit Infusionen und Injektionen, um ihren Hormonhaushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen." Die Nebenwirkungen waren verblüffend. Und schön.
Am 18. März 2011 um 12.37 Uhr wurden fünf gesunde Mädchen aus dem Bauch von Tugba Dür geschnitten. 5.500 Gramm neues Leben. Alle fünf miteinander. Ein Team aus 40 Ärzten, Assistenten und Schwestern, fast so erschöpft wie die Mutter. Und stolz und glücklich. 29. Schwangerschaftswoche, fünf auf einen Streich, alle leben und sind gesund. Medizinische Sensation und emotionaler Ausnahmezustand. Seit 1990 gab es in Österreich erst einmal Fünflinge, von denen aber nur drei Mädchen überlebten.
Diskussion über Mehrlingsgeburten
Der Babyboom bei Familie Dür löste auch hitzige Diskussionen über die ethischen Grundsätze der Hightech-Medizin aus – wie die Achtlinge, die Ende Jänner 2009 in Kalifornien geboren wurden. Deren Mutter wurde in Blogs als verantwortungslose Egomanin beschimpft; sie habe durch eine derart hohe Zahl von Embryonen ihr Leben und das Leben der Babys in Gefahr gebracht.
Die Dür-Eltern wollten nicht diskutieren und nicht Gott spielen. Sie wollten nur, dass Gott entscheidet. "Auch ich hatte Angst um das Leben meiner Frau und meiner Kinder", sagt Ahmet Dür, "ich danke Gott, dass sie alle gesund sind." Meryem, Saliha, Fatma und die eineiigen Zwillinge Feyza und Beyza.
"Eine weint immer, aber die anderen lachen"
Alle tragen sie rote Kleidchen an diesem Nachmittag. Sitzen können sie schon, die abenteuerlustige Meryem krabbelt sogar. Ätsch! Erste! Seit drei Monaten schläft das muntere Quintett drei bis vier Stunden pro Nacht durch. Auch ein Gottesgeschenk für die Baby-Bändiger.
Und die restlichen 20 Stunden? "Werden sie herumgetragen", erklärt Ahmet Dür. Auch von ihm.
Weil "sein" Mädchen gerade quengelt, bittet er um ein anderes Kind, als krone.tv mit dem Interview beginnt. Baby-Tausch und Baby-Casting der rührenden Art. Ist das alles nervlich noch zu verkraften? "Ja, auf jeden Fall", beteuert Ahmet, "ein Kind weint zwar immer. Aber dafür lachen die anderen vier."
Familie ist bestens integriert
Werden seine Töchter später einmal Kopftuch tragen? "Das bleibt ihnen überlassen", sagt der Vater. "Religion darf kein Zwang sein." Die Mutter hat beim besten Willen keine Zeit, auf solche Fragen zu antworten. Sie wuselt mit Teeflaschen herum.
Die Dürs sind in Auersthal integriert. "Schiefe Blicke kennen wir nicht", so Ahmet Dür - und wenn, dann würde er schiefe Blicke sehr selbstbewusst ignorieren. "Wir sprechen die deutsche Sprache, wir arbeiten, wir zahlen Steuern, wir haben uns angepasst. Aber wir wollen auch unsere Kultur leben."
Seine Frau Tugba hat er in der Türkei bei einer Hochzeit kennengelernt – und sechs Monate später geheiratet. Er selbst ist in Niederösterreich auf die Welt gekommen. "Unsere Kinder wachsen zweisprachig auf", sagt Ahmet Dür. Der Vater spricht Deutsch, die Mutter Türkisch mit ihnen. Basta. Und wer wird die Mutter Deutsch lehren, damit sie dann fit für den Elternsprechtag ist?
Fotoshooting wird zur Herausforderung
Im Schlafzimmer der kleinen Prinzessinnen stehen fünf rosarote Himmelbettchen nebeneinander, daneben fünf Gehschulen in Reih und Glied. Unmengen von Feuchttücher- und Windelpackungen. "Wir sind sehr froh, dass uns Huggies unterstützt", will Ahmet Dür notiert wissen. Baby Nummer fünf ist mittlerweile aufgewacht. Das Foto-Shooting kann beginnen.
Gar nicht so leicht, fünf quirlige Babys, die immer wieder umfallen, auf ein Foto zu bekommen. Bitte lächeln! Klick! Es ist ihnen so was von egal.
Besuch beim Arzt gleicht einer Expedition
Eine große Herausforderung sind auch Ausflüge. "Unser Bus hat neun Sitze. Da geht sich außer der Familie gerade noch eine Tante aus", sagt der korrekte Familienvater. Stehplätze, wie in seinem Bus bei den Wiener Linien, sind ja privat verboten.
Kontrollbesuch bei der Kinderärztin, eine Expedition. Dr. Gabriele Eineder macht immer die Balken dicht, wenn die Fünflinge kommen. Will sich Zeit nehmen für dieses Wunder Leben, das so wunderbar selbstverständlich geworden ist. Geht's dir eh gut, Feyza, hallo, kleine Prinzessin auf der Erbse? Und du, Fatma, willst dich wohl verstecken?
Die große Schwester bleibt im Hintergrund
Und dann ist da noch die siebenjährige Ayse. Die große Schwester, um die wir uns in der ganzen Geschichte vor lauter Fünflings-Freude gar nicht gekümmert haben. Sie spricht Deutsch. Aber sie spricht nicht viel. Sie liebt ihren Vater, ihre Mutter, ihre fünf Baby-Schwestern. Sie liebt ihre Familie wie andere auch, wen hat man denn sonst? Die Risiko-Kinder der Familie Dür haben kein Babyphon. Es ist immer ein Mensch da, der auf sie schaut. Und ein Busfahrer, der an sie denkt.
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