Zwischen Bund und Wien

Warum das Volkskundemuseum zerbröselt

Wien
27.10.2023 19:00

Der, wie sich gezeigt hat, lebensgefährlich schlechte Zustand des Palais Schönborn in der Wiener Josefstadt ist die Folge jahrelangen politischen Tauziehens um den Standort des Volkskundemuseums zwischen dem Bund und der Stadt Wien.

Viele Schutzengel hatte zuletzt der Wiener Opernsänger Karl-Michael Ebner. Wie berichtet, wurde er fast von einem Metall-Schwert erschlagen. Dieses brach über dem Eingang des Volkskundemuseum in der Josefstadt ab und verfehlte den Mann nur um Zentimeter. Die Feuerwehr hat die Unfallstelle mittlerweile gesichert und sich vergewissert, dass keine weiteren Mauerteile oder Statuen abbrechen - zumindest vorerst.

Spielball zwischen Stadt und Republik
Das Palais Schönborn, in dem das Volkskundemuseum beheimatet ist, hat in seiner langen Geschichte schon bessere Zeiten gesehen und war die vergangenen Jahre ein Spielball zwischen Stadt Wien und Bund. Denn der Museumsverein wird vom Bund getragen. Das Gebäude gehört jedoch der Stadt Wien. Und die hat in den vergangenen Jahren enden wollendes Interesse gezeigt, einem vom Bund unterstützten Verein die dringend benötige Sanierung des Hauses zu bezahlen. Und so verfällt das Haus zusehends. Der schlechte Zustand ist selbst für Laien mit freiem Auge erkennbar.

Schicksalhafte Ironie: Genau unter jenem Fassadenteil, aus dem der eiserne Zierteil herausbrach, prangt derzeit Werbung für das „repair festival“ mit dem Slogan: „Konsumierst Du noch oder reparierst Du schon?“ (Bild: zVg)
Schicksalhafte Ironie: Genau unter jenem Fassadenteil, aus dem der eiserne Zierteil herausbrach, prangt derzeit Werbung für das „repair festival“ mit dem Slogan: „Konsumierst Du noch oder reparierst Du schon?“

Stadt hält ruhig, EU zahlt
Erst 2022 dann die Einigung: Bund und Stadt schlossen einen sogenannten Fruchtgenussvertrag. Kurz erklärt: Das Gebäude bleibt im Besitz der Stadt, die hat aber die nächsten 60 Jahre nichts mehr zu sagen. Der Bund hat sich für den Erhalt des Museums und des Palais verpflichtet - und macht damit auch noch ein Schnäppchen: Denn die Sanierung des Gebäudes übernimmt jetzt die Europäische Union. Ganze 25 Millionen Euro macht die aus dem EU-Aufbauplan nach Corona für die Kultureinrichtung locker.

Und daher soll die Generalsanierung spät aber doch angegangen werden. Die Planungen für die Generalsanierung sind bereits abgeschlossen. „Wir bereiten uns bereits auf den Umbau vor und sind bereits am umräumen“, bestätigt eine Museumssprecherin. Auch erste Probenbohrungen an der Bausubstanz hätten bereits stattgefunden. „So konnten die Experten überprüfen, was sich genau im Mauerwerk befindet“, so die Sprecherin weiter. Ab Herbst 2024 wird das Bröselmuseum saniert. Bleibt nur zu hoffen, dass die prächtigen Fassadenfiguren bis dahin Standfestigkeit beweisen. Für Karl-Michael Ebner wäre es beinahe zu spät gewesen.

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