400 Arbeiter pro Jahr

Wirtschaft sucht Fachkräfte auf den Philippinen

Wirtschaft
28.10.2023 19:30

Sie sind jung, sehr fleißig und gut ausgebildet - die Männer und Frauen von den Philippinen. Die heimische Wirtschaft braucht dringend Fachkräfte, denn mittlerweile gibt es bereits mehr als 200.000 offene Stellen im Land. Mit „Sound of Music“, attraktivem Einkommen sowie sozialer Absicherung setzt man zur Charmeoffensive an.

Am Anfang steht wie so oft der schnöde Mammon und der große Wunsch nach einem besseren Leben für sich und seine Familie. So einfach kann man sich die obersten Beweggründe vorstellen, die mehrere Millionen Filipinos jährlich als Gastarbeiter ins Ausland hinaustreiben. Während hierzulande die Wirtschaft mehr oder minder stagniert und rund 200.000 Fachkräfte in allen Branchen fehlen, gibt es eben am anderen Ende der Welt eine Vielzahl an fleißigen und gut ausgebildeten Menschen in meist jungen Jahren, die im Schnitt aber nur wenige Pesos pro Stunde verdienen.

Europäer sind ein beliebtes Selfie-Motiv in Manila. (Bild: AC Manila - Chris Avenido)
Europäer sind ein beliebtes Selfie-Motiv in Manila.

Erster Schritt zur offiziellen Anwerbung gesetzt
Nach der Unterzeichnung einer Absichtserklärung in Manila, die „Krone“ berichtete, sollen nun bis zum Jahr 2027 rund 400 Filipinos jährlich ins Land kommen und mittels Rot-Weiß-Rot-Karte auch ihrer Ausbildung entsprechende Arbeit finden, mittelfristig könnten es aber sogar noch viel mehr sein. Die Nachfrage für eine Übersiedelung in die Alpenrepublik ist bei den ins Auge gefassten Arbeitskräften naturgemäß groß. Unser Land lockt nicht nur mit internationalem Charme der Marke „Sound of Music“, sondern auch mit attraktivem und sicherem Einkommen sowie der sozialen Absicherung. Zusätzlich gibt es seit den 70er-Jahren schon eine starke Community von ehemaligen Gastarbeitern aus dem Fernen Osten. Die positive Mundpropaganda der Hiergebliebenen sorgt demnach auch bei den weit entfernten Verwandten für Interesse.

Obwohl vielerorts nun wieder böse Erinnerungen bezüglich nicht ganz so erfolgreicher Gastarbeiter-Projekte wach werden, braucht man vor den Frauen und Männern aus dem Inselstaat nun wirklich keine Angst haben. Beim Lokalaugenschein in Manila wurde offenbar, was heimische Experten und Betriebe an den Filipinos so sehr schätzen: „Es ist eine Mischung aus Freundlichkeit, Höflichkeit, sehr fleißiger Arbeit und großem Familiensinn. Während dir ein Thailänder nur ins Gesicht lächelt, dich aber eigentlich nicht versteht – ist es bei den Filipinos ein guter Sinn für Humor, der sofort ins Auge sticht“, so ein langjähriger Kenner des Landes. Eine Umarmung für fremde Europäer darf bei den meisten schon einmal vorkommen.

Rund 200 Euro pro Monat verdienen einfache Arbeiter. (Bild: Josef Poyer)
Rund 200 Euro pro Monat verdienen einfache Arbeiter.
KTM-Motorräder werden auch in Fernost gefertigt. (Bild: Josef Poyer)
KTM-Motorräder werden auch in Fernost gefertigt.

„Filipino-Power“ treibt KTM-Motorräder in Asien an
Freundlichkeit & Co. sind in der realen Wirtschaft aber naturgemäß keine starke Währung, und so fallen bei einem Betriebsbesuch vor allem Fleiß und Einsatz auf. Seit mehreren Jahren setzt der heimische Motorradgigant KTM speziell für den asiatischen Markt auch auf „made in Philippines“: „Die Mitarbeiter werden hier pro Stunde bezahlt und leisten gerne auch Überstunden. Manchmal fehlt es vielleicht an der Genauigkeit, aber wir sind höchst zufrieden“, so der Werksleiter.

Was in Fernost Früchte trägt, soll nun auch in Europa funktionieren.

WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf (Bild: Wolfgang Wolak / Verlagsgruppe News / picturedesk.com)
WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf

„Wir müssen selbst entscheiden, wer zu uns ins Land kommt!“
Wirtschaftskammer-Manager Karlheinz Kopf treibt die Suche nach Fachkräften voran und findet dazu im Interview mit der „Krone“ klare Worte:

„Krone“: Herr Kopf, qualifizierte Zuwanderung soll also den Fachkräftemangel bekämpfen. Wie groß ist die Nachfrage am Standort wirklich?
Kopf:
 Nahezu jede Branche muss einen Arbeitskräftemangel beklagen. Wir haben mehr als 200.000 offene Stellen. Ohne konsequentes Gegensteuern wird diese Lücke bis zum Jahr 2040 auf über 500.000 ansteigen - das trifft somit jede Branche und jede Region. Es gibt natürlich eine Reihe von Maßnahmen, wie wir in Österreich selbst noch Menschen mobilisieren können, aber ohne qualifizierte Zuwanderung wird es nicht gehen.

Welche Regeln braucht es, dass nur arbeitswillige Migranten ins Land kommen?
 Wir müssen bei der Zuwanderung auf Länder wie die Philippinen setzen, die uns kulturell sehr nah sind, gleichzeitig einen hohen Bildungsstand in den verschiedensten Ausbildungsbereichen haben und Menschen auf den internationalen Arbeitsmarkt bringen wollen - ein Win-win. Und natürlich muss es immer um kontrollierte Zuwanderung gehen: Wir müssen selbst entscheiden, wer zu uns ins Land kommt. Das tun wir dann, wenn wir auf konkrete und kontrollierbare Kooperationen wie diese setzen.

Wie hoch schätzen Sie die Möglichkeiten in Sachen Zuzug von den Philippinen ein - können wir mit einem Ansturm aus Fernost rechnen? 
Einen Ansturm sicher nicht, aber das Potenzial dort ist sehr groß. Die westliche Konkurrenz allerdings auch. Wir haben auf der Reise gespürt, dass Europa und Österreich im Besonderen äußerst beliebt sind. Kaum jemand von unserer Delegation kam bei den verschiedenen Treffen um eine Reihe von Selfies mit den Filipinos herum - schon jetzt leben und arbeiten einige tausend Filipinos bei uns (Anm.: im Verhältnis zu Deutschland die doppelte Anzahl). Die Philippinen haben ein eigenes Ministerium für Arbeitskräfte, die ins Ausland wollen. Die Vermittlung erfolgt über registrierte und zertifizierte Agenturen. Außerdem eröffnen sie demnächst ein eigenes Büro in Österreich als Anlaufstelle für die Filipinos und als Verbindung zu unseren Behörden.

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