„Es gibt kein Unheilbar!“ Mit Botschaften wie dieser ist ein fragwürdiger Kreis derzeit in Tirol sehr aktiv und wirbt um Mitglieder. Die Bundesstelle für Sektenfragen hat die Bewegung schon seit Jahren im Visier und warnt. Im Ursprungsland des Esoterik-Kreises spricht man von einer „unterschätzten Sekte“.
Der Deutsche Bruno Gröning (1906-1959) gilt unter seinen Anhängern als Wunderheiler. Er behauptete, einen von Gott gesandten „Heilstrom“ an Kranke weiterzuleiten. Über ganz Europa hat sich ein Netzwerk an Jüngern ausgebreitet. Allein in Deutschland gibt es laut Medienberichten mehr als 200 aktive Gruppen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung spricht von einer „unterschätzten Sekte“, der Spiegel widmete dem Phänomen im Sommer ein Dossier mit dem Titel: „Eine Sekte, die zum Tod führen kann“.
Anhänger bewahren Haare oder Nägel von Gröning wie Reliquien auf und suchen in seinem Blick den Heilstrom.
Ulrike Schiesser, Bundesstelle für Sektenfragen
In Glaubensdingen ist der Staat sehr tolerant
In Tirol ist der Bruno-Gröning-Freundeskreis derzeit sehr aktiv und wirbt um Mitglieder. Verboten ist das nicht, in Glaubensdingen ist der Staat tolerant. Doch bei der Bundesstelle für Sektenfragen beobachtet man die Aktivitäten mit großer Sorge. Den Begriff Sekte will Ulrike Schiesser, Leiterin der Bundesstelle, nicht verwenden. Dieser sei umstritten, sagt sie.
Doch den anhaltenden Personenkult um Bruno Gröning und die kruden Heilsversprechen bewertet sie als überaus problematisch. „Bei den Treffen sitzen die Mitglieder vom Freundeskreis vor Grönings Bild. In ihrer Vorstellung empfangen sie aus seinem Blick den Heilstrom“, beschreibt Schiesser, wie es bei solchen Treffen mitunter zugeht. Solche Bewegungen seien der Nährboden für Quacksalber, die Kapital aus dem Leid anderer schlagen.
Medizinkritische Haltung und Heilungsberichte
Auf der Homepage des Gröning-Kreises finden sich zahlreiche Heilungsberichte. Auch Krebspatienten soll der „Heilstrom“ des Bruno Gröning schon vom Leiden befreit haben. „Aus dem Rollstuhl aufgestanden“ – auch dieses „Wunder“ findet sich dort. Solche Berichte sind das typische und gefährliche Versprechen von Esoterik-Scharlatanen.
„Hinter solchen Botschaften verbirgt sich oft eine sehr medizinkritische Haltung. Wir hören immer wieder, dass Kranken sogar von Schulmedizin abgeraten wird“, berichtet die Leiterin der Sekten-Stelle. Freilich werde das von den Mitgliedern stets bestritten.
Seit der Pandemie erstarkt die Esoterik-Szene
Dass die Gröning-Jünger gerade jetzt so aktiv sind, wundert Schiesser nicht. „Seit der Pandemie orten wir ein Erstarken der Esoterik-Szene.“ Was der Psychologin besonders Sorge bereitet: „Früher waren es hauptsächlich Erwachsene ab 40, die sich solchen Vereinigungen zuwandten. Heute kippen immer mehr Junge da hinein. Viele kommen über soziale Netzwerke damit in Berührung.“
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