Graz und Salzburg haben bereits seit vier Jahren eines, Innsbruck bekommt vielleicht eines: Die Rede ist von einem Verbot für Leih-E-Scooter in der Stadt. 18 Behindertenverbände sehen keine Alternativen dazu, denn die Sicherheit für beeinträchtigte Menschen sei nicht gegeben. Einer der Betreiber ist sich keiner Schuld bewusst.
Wildes Fahren und Parken auf Gehwegen, bei Haltestellen, sogar auf Blinden- und Sehbehinderteneinrichtungen, Stürze, Kollisionen und Verletzte – und all das nur wegen der Verleih-E-Scooter, mit denen offenbar weniger sorgsam umgegangen wird als mit privaten: All das ist wie berichtet tagtäglich in Innsbruck zu beobachten.
Schwere Geräte kippen leicht
„Insbesondere für blinde und sehbehinderte Personen ist die Gefährdung drastisch, es besteht hier wirklich Handlungsbedarf“, erklärte die ressortzuständige Stadträtin Elisabeth Mayr am Montag. Mit dem Blindenstock werde sehr leicht in falsch abgestellte Fahrzeuge eingefädelt und anders als Fahrräder würden Leih-E-Scooter aufgrund ihres Schwerpunkts schnell kippen und so zur gefährlichen Stolperfalle.
Es kann nicht sein, dass zugunsten der Flexibilität Weniger die Mobilität Vieler eingeschränkt wird und es noch gefährlicher ist, sich in der Stadt zu bewegen.
Werner Pfeifer, Vorsitzender des Behindertenbeirats (BBR)
„Unfallrisiko immer weiter gestiegen“
Seit Einführung des Verleihsystems 2019 habe man versucht, die Probleme über Kommunikation mit den Anbietern zu lösen, sagt Werner Pfeifer, Vorsitzender des BBR, eine Plattform von 18 ehrenamtlich tätigen Vereinen. Doch leider hätten die Gespräche und Vereinbarungen nicht gefruchtet. Im Gegenteil, das Unfallrisiko sei weiter gestiegen. Deshalb komme man nun nicht umhin, ein Verbot zu fordern, „solange es keine praktikablen Lösungen gibt. Doch manchmal gibt es diese auch nicht“. Davon ist StR Mayr überzeugt.
Blick in andere Städte zeigt: Probleme bleiben
„Ein Blick auf zahlreiche andere größere Städte, die sich mittlerweile mit Regulierung behelfen – wie etwa Kennzeichenpflicht, Strafen und markierte Parkzonen – zeigt, dass auch hier das falsche und damit gefährdende Abstellen der Fahrzeuge nicht behoben werden konnte.“
Kritik an der Politik
„Wenn man ein neues Verkehrsmittel in der Stadt einführt, müsste von Vornherein sichergestellt sein, dass genug Verkehrs- und Parkflächen zur Verfügung stehen und Regeln eingehalten werden“, sagt Michael Berger, Vize-BBR-Vorstand. Er kritisiert die Politik: „Dies wurde leider nie seitens der Verantwortlichen ins Auge gefasst.“
Dass jetzt eine neue Technologie etabliert wird, die Rückschritte in der Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen bedeutet, ist nicht tolerierbar.
Julia Golser, BBR und Referentin bei Selbstbestimmt Leben
Betreiber kontert
Vonseiten der Tier-Mobility Betreiberfirma nimmt Sprecher Patrick Grundmann Stellung: „Wir nehmen Beschwerden über falsch abgestellte E-Scooter sehr ernst, stehen mit der Stadtverwaltung Innsbruck regelmäßig im Austausch und haben bereits verschiedene Maßnahmen proaktiv eingeführt, die das Abstellverhalten unserer Nutzenden verbessern sollen. So haben wir seit dem Start knapp 140 Parkverbotszonen in der App erfasst und die Reaktionszeit bei Beschwerden stark verbessert“, betont Grundmann.
Verpflichtende Abstellplätze
Darüber hinaus habe man der Stadt Innsbruck einen Maßnahmenkatalog vorgelegt, der zur Verbesserung des öffentlichen Miteinanders führen soll. „Dieser beinhaltet die Einführung eines neuen Parksystems für E-Scooter, welches vor allem im Zentrum und den sensiblen Bereichen verpflichtende Abstellplätze umfasst. Zudem stehen wir derzeit mit dem Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich im Austausch, bezüglich der Einführung von Stickern, die unsere Kontaktdaten in Brailleschrift auf allen TIER-Scootern beinhalten.“
„Wir spielen nicht Polizei“
Dass die beeinträchtigten Menschen im öffentlichen Raum nun „Polizei“ spielen sollen, wird von diesen scharf kritisiert. „Das ist nicht unser Problem, sondern Aufgabe des Betreibers“, heißt es dazu in aller Deutlichkeit.
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