Vor knapp 60 Jahren entstand die Militärhundestaffel Kaisersteinbruch. Mit mehr als 1800 Vierbeinern gilt sie als weltgrößte Zuchtstätte für Rottweiler. Wie gefährlich sind sie wirklich?
Hundegebell ist schon von Weitem zu hören. „Betreten auf eigene Gefahr!“ steht in großen Buchstaben auf dem grünen Tor des Militärhundezentrums Kaisersteinbruch, das seit knapp 60 Jahren die wohl weltgrößte Zuchtstätte für Rottweiler betreibt. 20 Trainer arbeiten hier mit 69 Rottweilern, Schäferhunden und Labradoren acht Stunden pro Tag, damit sie im Ernstfall als lebende Waffen zum Einsatz kommen.
Schwanzwedelnd und mit erhobenem Kopf marschiert „Xempl“ brav neben seinem Herrl an uns vorbei. Der Blick des Hundes weicht keine Sekunde von den Augen seines Besitzers. Denn der Rottweiler weiß genau, was jetzt kommt: Das tägliche Training steht unmittelbar bevor. Und das hat sich auch schon bezahlt gemacht. „,Xempl´ hat Österreich bereits drei Mal bei der Weltmeisterschaft für Rottweiler vertreten und ist jedes Mal unter die Top 10 der Welt gekommen“, erzählt sein Besitzer, Martin Kruiss, Ausbildungsleiter des Militärhundezentrums.
Aggressiver Kampfhund?
Vor siebeneinhalb Jahren kam der Rottweilerrüde hier zur Welt und ist seither täglich als Diensthund im Wach- und Sicherheitsdienst des Bundesheers tätig. Neben „Xempl“ werden hier vor allem Junghunde ausgebildet. Das Gruppentraining ist gerade auf einer eingezäunten Wiese angelaufen.
Zukünftige Hundehalter sollten eine gewisse Grundkenntnis im Vorfeld vorweisen müssen.
Martin Kruiss, Ausbildungsleiter des Militärhundezentrums
Kruiss weiß genau, was er tut, auch, wenn ihn das Training mit seinem „Rotti“ ganz schön außer Atem bringen kann. „Xempl“ bringt immerhin 45 Kilo auf die Waage. Über 30 Jahre lang macht Kruiss bereits Hundesport und konnte 2009 sein Hobby zum Beruf machen. Seither ist er als Militärhundeführer tätig. Er ist als Sohn eines Hundeschulenbesitzers mit den Vierbeinern aufgewachsen und selbst stolzer Besitzer zweier Rottweiler. Ein aggressiver Kampfhund? Eine Frage, die das Bundesheer ganz klar mit Nein beantwortet.
Von Hund zu Tode gebissen
Wie gefährlich Hunde jedoch werden können, zeigte unter anderem der tragische Unfall im November 2019 in der Flugfeldkaserne Wiener Neustadt. Ein Soldat des Jagdkommandos wurde damals von Diensthunden regelrecht zerfleischt. Bis heute ist allerdings nicht geklärt, wie es zu dem Drama kommen konnte.
„Xempl“ zählt als Rottweiler zu den sogenannten Listenhunden, also zu jenen Hunden, die auf einer Liste mit gefährlichen Rassen stehen. Ihre Haltung ist hierzulande von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. Kruiss spricht sich dafür aus, dass „zukünftige Hundehalter eine gewisse Grundkenntnis im Vorfeld vorweisen müssen. Einfach, damit sich die Menschen Gedanken machen müssen, ob sie dem Hund und seinem Wesen durch ihre Lebensbedingungen auch gerecht werden können.“
Jeder Hund ist nichts anderes als ein domestiziertes Raubtier.
Otto Koppitsch, Kommandant des Militärhundzentrums
Für den Kommandanten des Militärhundezentrums, Otto Koppitsch, macht es keinen Unterschied, ob es sich um einen Golden Retriever oder einen Rottweiler handelt. Entscheidend sei, wie man mit dem Hund umgeht. „Jeder Hund ist nichts anderes als ein domestiziertes Raubtier“, so Koppitsch. Es sei immer wichtig, die Prägungsphasen nicht zu verpassen, ansonsten kann jeder Hund gefährlich werden. Außerdem ist sich der Kommandant sicher: „Jeder Hundebiss ist zu einhundert Prozent menschliches Versagen.“
172 Militärhunde beim Heer
Bei den Übungen am Trainingsplatz geht es zunächst aber noch nicht ums Zubeißen. Mit seinem durchaus respekteinflößenden, kräftigen Körperbau soll „Xempl“ auf Kommando einen gespielten Täter stellen und verbellen. Er ist ein wahrhaft imposantes Tier. Sein kurzes, dichtes, schwarzes Fell mit deutlichen rostroten Abzeichen an den Beinen, am Brustkorb und im Gesicht ist charakteristisch für die Rasse. Jedes Mal, wenn „Xempl“ einen Befehl ausführt, fiebern andere Hunde aufgeregt mit ihm mit.
Aber die österreichweit 172 Militärhunde müssen im Ernstfall auch zubeißen, wie Kruiss mit einer Übung vorführt. Was den Hund davon abhält, das gerade Geübte nicht ohne Befehl auszuführen? Die Trainingsumgebung. „Der Hund lernt immer auf der grünen Wiese, immer mit einer Person in Helfergewand, immer mit Verstecken. Dieses Bild merkt sich der Hund.“ Einen Menschen tatsächlich angreifen, muss und soll der Vierbeiner nur dann, wenn sein Besitzer von einer Person attackiert wird.
Zuhause gibt „Xempl“ einen perfekten Familienhund ab, wie sein Herrchen mit liebevollem Blick auf sein Tier gerichtet erzählt.
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