Kriminalfall Ortstaxe

Drei Ortschefs, ein Hoteldorf und schwere Vorwürfe

Salzburg
10.11.2023 12:00

Drei Bürgermeister, ein Amtsleiter und ein Steuerberater müssen sich demnächst im Salzburger Landesgericht erklären: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) erhebt gegen alle fünf die Vorwürfe des Amtsmissbrauchs, schweren Betrugs und der Bestechlichkeit. Grund ist ein Deal um die Ortstaxe mit einem ominösen Hoteldorf.

Es ist ein komplizierter Fall, der am kommenden Donnerstag im Landesgericht verhandelt wird. Auf der Anklagebank werden alle Bürgermeister der Gemeinde Maria Alm sitzen, die seit 2013 das Amt bekleideten. Unter ihnen auch ein Übergangs-Ortschef, der Anfang 2019 nur für einen Monat Gemeindechef war. Gemeinsam mit den (Ex-)Amtsträgern werden sich auch der mittlerweile pensionierte Amtsleiter und ein Steuerberater verantworten müssen.

Die Vorwürfe der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft lauten auf Amtsmissbrauch, Bestechlichkeit und schweren Betrug. Die Angeklagten bestreiten. Deren Anwalt äußert im „Krone“-Gespräch Befürchtungen für die Zukunft der Gemeindepolitik: „Wer soll noch Bürgermeister werden wollen?“

Das ominöse Hoteldorf mit mutmaßlichen Zweitwohnsitzen rund um den Florysee in Maria Alm (Bild: Roland Hoelzl)
Das ominöse Hoteldorf mit mutmaßlichen Zweitwohnsitzen rund um den Florysee in Maria Alm
Das ominöse Hoteldorf in Maria Alm (Bild: Roland Hoelzl)
Das ominöse Hoteldorf in Maria Alm

Pauschale ausgemacht und fiktive Nächtigungen vorgeschrieben
Kurz gesagt: Es geht um mutmaßliche Korruption mit der Ortstaxe in Verbindung mit dem ominösen Zweitwohnsitz-Hoteldorf Club Hinterthal. Aber nicht die Amtsträger sollen profitiert haben, sondern die Gemeinde selbst. Der 19-seitigen Anklageschrift nach soll die Gemeindeführung im Jahre 2013 einen Deal mit den Verantwortlichen des Hoteldorfs abgeschlossen haben. Im Detail ging es um die Vorschreibung der allgemeinen Ortstaxe, die bei Nächtigungen in klassischen Unterkünften wie Hotels fällig wird. Die Beträge der Ortstaxe kommen dabei großteils dem Tourismusverband, aber auch der Gemeinde zugute.

Bei Ferienwohnsitzen wird dagegen die besondere Ortstaxe fällig: Diese komme großteils der Gemeinde zu. Außerdem gelten andere steuerliche Regeln. Laut den Korruptionsjägern haben sowohl die Clubhotel Hinterthal GmbH als auch die Gemeinde Interesse daran gehabt, weiterhin nur allgemeine Ortstaxe vorzuschreiben. Zudem bestand vonseiten der Gemeinde „Unzufriedenheit über die gemeldeten Nächtigungszahlen“, heißt es in der Anklageschrift. Daher kam es im Dezember 2013 zu einem Deal: Das Hoteldorf verpflichtete sich zur Zahlung der Ortstaxe für pauschal 13.000 Nächtigungen im Jahr. Bis 2020 betrug die Ortstaxe pro Nächtigung 1,50 Euro. 

Verteidiger Kurt Jelinek (Bild: Markus Tschepp)
Verteidiger Kurt Jelinek

Verteidiger bestreitet die Vorwürfe
Bis zum Juni 2020 zahlte also das Hoteldorf Ortstaxe für gemeldete Nächtigungen sowie für zusätzliche Nächtigungen, bei denen keine Gästemeldung vorlag. Das lief bis zu jenem Zeitpunkt, als eine Aufsichtsbeschwerde des Landes bei der Gemeinde einlangte. In weiterer Folge stand dann auch fest, dass die Gemeinde zu viele Nächtigungen der Statistik Austria meldete: laut Anklage um genau 50.231 Nächtigungen. In weiterer Folge führte dies zu einer Verzerrung von ausgeschütteten Beiträgen.

Laut den Korruptionsjägern hätte die Gemeindeführung „die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabenpflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich“ sind, liest sich in der Anklageschrift. Daher sei das Land um sein Recht auf ordnungsgemäße Besteuerung geschädigt worden, argumentiert die WkStA.

Der bekannte Salzburger Anwalt Kurt Jelinek verteidigt die drei angeklagten (Ex-)Ortspolitiker sowie den pensionierten Amtsleiter: „Die pauschalierte Nächtigungszahl von 13.000 entsprach einer durchschnittlichen, ortsüblichen Auslastung.“ Zudem sei diese Vereinbarung damals auch im Beisein eines Steuerberaters und eines Rechtsanwaltes getroffen worden. „Die Gemeindeverantwortlichen hatte deshalb keinen Grund, an der Rechtmäßigkeit zu zweifeln.“

Laut Jelinek dürfte es zu „keinem Schaden“ gekommen sein. Und die Gemeinde habe dies tun müssen, da es sonst zu weniger Einnahmen aufgrund fehlender Gästemeldeblätter gekommen wäre. „Hätte die Gemeinde nichts getan, wäre unter Umständen ebenfalls eine Strafbarkeit durch Unterlassen gegeben gewesen“, betont der Verteidiger und ergänzt: „Wenn wir die Ortspolitiker gleich kriminalisieren, werden wir bald keine mehr finden können.“ 

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