Fuß abgesägt

Gattin zur “Krone”: “Mein Mann hat sich so wertlos gefühlt”

Österreich
27.03.2012 18:13
"Es tut mir leid, aber für mich gab's keinen anderen Ausweg." Das sagt der Langzeitarbeitslose Hans-Peter U. aus dem oststeirischen Mitterlabill, der sich Montag früh das linke Bein elf Zentimeter oberhalb des Knöchels absägte. Er tat es, sagt er, aus Angst vor einer Gesundenuntersuchung, die ihm das Arbeitsmarktservice für den 3. April vorschrieb. "Er will ja arbeiten, bekommt aber nichts Passendes", klagt die Frau des 56-Jährigen: "Mein Mann hat sich so wertlos gefühlt."

Am Montagnachmittag durfte Monika U. ihren Ehemann - der am Dienstag in die Psychiatrie des Grazer LKH überstellt wurde - erstmals besuchen: "Er hat sich bei mir entschuldigt und gesagt, wie leid ihm alles tut. Und er hätte es bewusst zu einem Zeitpunkt gemacht, wo wir - der Sohn und ich - schon aus dem Haus waren."

Alkohol hassender Steirer betäubte sich mit Schnaps
Der Steirer trennte sich mit seiner elektrischen Säge (Bild) im Heizungskeller den linken Fuß ab und warf ihn in einen Ofen (Bild 2), um zu verhindern, dass er wieder angenäht wird. Bevor er das Unfassbare tat, betäubte sich der 56-Jährige, der Alkohol verabscheut, mit Schnaps und stellte Krücken bereit, mit deren Hilfe er sich in die Garage schleppen wollte.

Als Monika U. heimkam, stand der Rettungshubschrauber vor dem Haus: "Anfangs haben ich und mein Sohn Manuel gar nicht begriffen, was passiert war. Erst jetzt weiß ich, dass mein Mann große Angst vor dieser Gesundenuntersuchung hatte. Zwei Mal wollte er schon in Pension gehen, zwei Mal wurde sie abgelehnt. Er hat's mit den Bandscheiben und mit der Schulter. Er will ja arbeiten. Aber den Job, den er sich vorstellt, den gibt's nicht."

"Papa hat gerne in der freien Natur gearbeitet"
"Der Papa war einmal für einen Golfplatz zuständig", erinnert sich Petra L. (34), die in Graz lebende Tochter: "Er hat gerne in der freien Natur gearbeitet und war richtig glücklich dabei. Er hat etliche solcher Jobs bekommen, aber die waren befristet - für eine Dauer von drei bis sechs Monaten."

Aus der Sicht von Ehefrau und Tochter ist Hans-Peter U., der erst kürzlich ganz leise seinen Geburtstag begangen hatte, daheim die Decke auf den Kopf gefallen. "'In meinem Alter braucht mich keiner', hat er gesagt", berichtet die Gattin, "und hat darunter sehr gelitten. Viel hat er über seine Sorgen aber nicht geredet. Er hat sie runtergeschluckt, bis, so glaube ich, irgendetwas in ihm explodiert sein muss."

"Gemeinsam kriegen wir das schon wieder hin"
Hans-Peter U. ist seit 2003 mit Unterbrechungen arbeitslos. Er leidet unter Depressionen, wurde mehrfach psychologisch betreut und war 2010 für elf Tage in der Grazer Sigmund-Freud-Klinik. Wie es nun weitergehen soll, weiß niemand. "Die Familie jedenfalls steht felsenfest hinter ihm", sagt Monika U. in ihrem 36. Ehejahr. "Gemeinsam kriegen wir das schon wieder hin."

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