Für die Förderung des Breitband-Ausbaus will der für Digitalisierung zuständige Staatssekretär Florian Tursky (ÖVP) noch mehr Fördergeld fließen lassen - doch große Internetprovider wollen es gar nicht: Sie können das Geld gar nicht so rasch ausgeben, weil es nicht genug Planer, Monteure und Gerätschaften gebe und die starke Förderung zu einer Explosion der Baukosten führe. Tursky bezweifelt die Motive der Provider und erklärt unbeirrt: „Wir werden weiter Gas geben beim Breitband-Ausbau.“
Man werde noch im November einen neuen Fördercall ausschreiben, kündigte Tursky an. Das genaue Volumen stehe noch nicht fest, „es werden auf jeden Fall mehrere hundert Millionen Euro sein. Im Budget für 2024 stünden insgesamt 420 Millionen Euro zur Verfügung. „Das sind 171 Millionen mehr als ursprünglich gedacht, weil wir in der ersten Ausschüttung der zweiten Breitband-Milliarde bereits mehr Geld in die Hand genommen haben und weil wir jetzt eben auch wieder einen Call planen für November.“ Insgesamt seien im Finanzrahmen bis 2027 jetzt 1,25 Milliarden Euro für die zweite Breitband-Milliarde vorgesehen.
Branche will Fördergelder offenbar gar nicht
Die von IT-Unternehmen und Mobilfunkern dominierte Interessensvertretung „Internetoffensive Österreich“ will dieses Geld aber gar nicht. Anfang des Jahres seien bereits 900 Millionen Euro für den Glasfaserausbau vergeben worden - davon seien erst 10 Prozent abgerufen worden und 90 Prozent der Projekte würden erst 2027 fertiggestellt. Die nächsten Förderungen würden also in einen Markt gehen, der keine Baukapazitäten mehr habe - der Wettstreit um Personal und Maschinen werde die Baukosten in die Höhe treiben. Bereits Anfang Oktober hatte die Branche deshalb ein Ende der Breitband-Ausbauförderung vorgeschlagen.
Stattdessen sollte teure Bürokratie abgebaut werden. So warte man etwa auf einfache Baubewilligungen für dringende Ausbautätigkeiten bis zu 18 Monate, lautet die Kritik. Besser wäre auch eine Nachfrageförderung, damit die verfügbaren Anschlüsse auch genützt werden, da die Kosten des tatsächlichen Anschlusses des Kabels an das Haus sehr hoch seien.
Staatssekretär weist Kritik zurück
Tursky weist die Kritik zurück. „Sowas sagt sich sehr schnell, wenn man eine entsprechende Marktmacht hat.“ Tatsächlich gebe es eine enorme Nachfrage nach Glasfaser-Anschlüssen. „Wir haben jetzt endlich in Österreich eine Geschwindigkeit in den Ausbau bekommen, die leider bisher nicht da war.“ Aktuell würden ca. sechs Milliarden Euro privatwirtschaftlich in den Breitbandausbau investiert.
Dass es einen überhitzten Tiefbau-Markt geben soll, sieht Tursky nicht. „Ich nehme derzeit wahr: Das Gegenteil ist der Fall.“ Aus allen Bundesländern sei zu hören, „dass es der derzeit sehr unter Druck stehenden Baubranche gelingt, vom Hochbau Kapazitäten auf den Tiefbau zu verlagern“. Deshalb werde man nicht nachlassen, sondern „weiter Gas geben bei Breitbandausbau“. Das sei auch als konjunkturelle Unterstützung der Baubranche zu sehen. Den Widerspruch der Branche sehe er „eher als Versuch der Provider, ihre aktuelle Marktmacht weiter auszubauen“. Traditionell hätten nämlich von den Förderausschreibungen zwar auch die Provider profitiert, vor allem aber Gemeinden, die dann Eigentümer der Infrastruktur geworden seien, sowie lokale Kabelnetzbetreiber.
Förderung dort, „wo ein Marktversagen herrscht“
Gefördert werde nur dort, „wo ein Marktversagen herrscht, also wo niemand privatwirtschaftlich ausbaut, weil es sich nicht auszahlt“, betonte der Staatssekretär. In Wien, Salzburg und Tirol sei die Versorgung mit Gigabit-fähigen stationären Internetanbindungen bis zur Grundstücksgrenze bereits sehr hoch, in den großen Flächenbundesländern wie Niederösterreich oder Steiermark noch geringer. Das seien nicht immer Glasfasern, aber „die Zukunft muss Fiber to the Home sein“.
Das bedeutet nicht, dass diese Haushalte tatsächlich Breitband-Internet nützen - vielen sind die Verträge zu teuer oder auch der Anschluss von der Grundstücksgrenze zum Haus. „Für uns ist natürlich relevant, es als erstes einmal theoretisch zur Verfügung zu stellen, und in einem zweiten Schritt, die Take-up-Rate nach oben zu bringen.“ Dabei sei Österreich schlecht, „weil wir so ein gutes mobiles Internet haben“. 38 Prozent der österreichischen Haushalte würden nach wie vor für Internet zu Hause mobile Lösungen verwenden.
100 Millionen Euro für Breitband in Schulen
Forschung Bildung sollen im Bereich der Digitalisierung mit über 100 Millionen Euro gefördert werden. Das Geld fließt u.a. in Breitbandanschlüsse für die Schulen und WLAN in den Klassenzimmern sowie Geräte.
Milliarden-Förderungen sollen außerdem wie berichtet im Rahmen des „Chips Act“ fließen. Die EU will damit den europäischen Weltmarktanteil an der Halbleiterproduktion bis 2030 von 10 auf 20 Prozent verdoppeln. „Das bedeutet eine Vervierfachung der Chips-Produktion in Europa“, erklärte Tursky. Österreich sei dank der großen Player Infineon in Villach oder AT&S in Leoben bereits jetzt das viertgrößte Chips-Land in Europa in absoluten Zahlen. Der Chips Act sei ein Förderinstrument der EU, das es den Nationalstaaten erlaubt, den Aufbau von Halbleiterproduktionen in Europa mit insgesamt 40 Milliarden Euro zu fördern. Davon werde Österreich 3 Milliarden Euro in Anspruch nehmen, um damit bis 2030 Investitionen in Höhe von 7 Milliarden Euro zu erreichen. „Das ist kein EU-Geld, das ist nur die Erlaubnis zu fördern“, stellte Tursky klar. Von den 3 Milliarden seien im Budget für 2024 zunächst 160 Millionen Euro vorgesehen, bis 2027 eine halbe Milliarde.
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