Die Universität Innsbruck hat dem CDU-Politiker Markus Otto Carstens - wie berichtet - den Doktortitel entzogen. Das erinnert an den Fall eines bekannten Universitätsprofessors. Der Staatssekretär im Justizministerium Schleswig-Holstein wird dagegen aber Beschwerde einlegen.
Markus Otto Carstens (CDU), Staatssekretär im Justizministerium Schleswig-Holstein in Deutschland, wurde der Doktorgrad, den er im Jahr 2010 verliehen bekommen hat, entzogen. Maßgeblich dafür waren nicht die letztes Jahr bekannt gewordenen Vorwürfe und Unzulänglichkeiten bei der Zitation anderer Texte und Autoren, sondern ein Eigenplagiat.
Leistungen eines früheren Studiums eingereicht
„Der Universitätsstudienleiter hat seine Entscheidung auf der Basis von externen Gutachten und behördlichen Erhebungen getroffen. Wesentlich dafür war, dass Leistungen, die bereits in einem früheren Studium beurteilt worden waren, in erheblichem Umfang im nachfolgenden Studium an der Universität Innsbruck nochmals zur Beurteilung vorgelegt wurden. Dies ist aus unserer Sicht unzulässig“, sagt Uwe Steger, Sprecher der Universität Innsbruck. Konkret heißt das: Der Politiker soll in seiner Dissertation ohne jeglichen Hinweis seine 2007 in Hamburg eingereichte Masterarbeit übernommen haben.
Staatssekretär will Beschwerde einlegen
Auf „Tiroler Krone“-Anfrage bestätigt Carstens die Aberkennung und fügt hinzu: „Weitergehende Gründe sind in dem mir zugegangenen Bescheid nicht genannt worden. Diese Entscheidung ist nicht rechtskräftig und ich halte diese für rechtswidrig und werde gegen den Bescheid des Universitätsstudienleiters Beschwerde einlegen. Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, werde ich keine weitere Stellungnahme abgeben.“
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, ich werde Beschwerde einlegen. Ich werde dazu keine weitere Stellungnahme abgeben.
Justizstaatssekretär Markus Otto Carstens
„Er hat vor Jahren auch ein Eigenplagiat begangen“
Innerhalb der Universität Innsbruck wirft die Causa Carstens unter einigen Professoren die Frage auf, wie die Uni nun mit der altbekannten Causa eines bekannten Universitätsprofessors verfahren wolle. „Er hat vor 15 Jahren ebenfalls ein Eigenplagiat begangen – und zwar in qualifizierter Form: Die Österreichische Agentur für Wissenschaftliche Integrität (ÖAWI) hat in einer Stellungnahme von April 2011 einen Verstoß gegen die gute wissenschaftliche Praxis festgestellt. Dennoch wurde er habilitiert sowie etwa zum Professor und Dekan berufen.“ Diverse Dokumente wie das Gutachten oder E-Mails, die das belegen, liegen der „Tiroler Krone“ vor.
Doch können diese beiden Fälle überhaupt miteinander verglichen werden? „Ein Vergleich mit Habilitationsverfahren wäre tatsächlich völlig verfehlt, da es bei Habilitationsverfahren nicht um ein Studium geht, sondern um die Verleihung der Lehrbefugnis an Wissenschaftler wegen des Nachweises einer hervorragenden wissenschaftlichen Qualifikation und der didaktischen Fähigkeiten“, klärt Steger auf. Im Zuge solcher Verfahren „könnte auch eine vorhandene, insbesondere schon veröffentlichte Dissertation vorgelegt und von den Gutachtern sowie der Kommission als eine der Beurteilungsgrundlagen mitberücksichtigt werden“. Alle vorgelegten Leistungen „werden im Gegenzug zu einem Studium immer vor Verfahrensbeginn erbracht“.
„Alle Rechtsfragen seien damals geprüft worden“
In dem „15 Jahre zurückliegenden“ Verfahren des bekannten Universitätsprofessors seien damals „alle damit zusammenhängenden Rechtsfragen, einschließlich Zitierungsfragen, umfassend geprüft sowie aufgearbeitet“ worden. „Es gibt keinerlei Anlass, von den damaligen Feststellungen abzuweichen“, sagt Steger.
Das löst naturgemäß keine Zustimmung unter einigen Professoren aus: „Wir haben es etwa dank des Gutachtens schwarz auf weiß, dass das alles nicht so ist.“ Die Argumentation, dass es bei der Habilitation um kein Studium gehe, sei „wohl an den Haaren herbeigezogen und kann nicht im Mindesten überzeugen“. „Dissertation und Habilitationsschrift sind Qualifikationsschriften, die zu einem Titel führen – und in beiden Fällen sind die Grundsätze der guten wissenschaftlichen Praxis einzuhalten. Carstens wurde im Übrigen auch nicht ein Studium aberkannt, sondern ein Titel – und zwar wegen angeblichen Eigenplagiats in der Qualifikationsschrift.“
Aufgrund einer Reform ist bereits seit 2014 nicht mehr der Senat zweite Instanz, sondern das Bundesverwaltungsgericht.
Uwe Steger, Sprecher der Uni Innsbruck
Der Verweis auf die inzwischen vergangenen 15 Jahre sei „ebenso wenig stichhaltig“. „Bei Carstens sind es 13 Jahre. Wo liegt hier der Unterschied? Zudem gibt es keine Verjährung von Plagiat und Verstößen gegen die gute wissenschaftliche Praxis. Ex-Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) wollte eine derartige in das Universitätsgesetz einfügen, das wurde aber abgelehnt – weil verfassungswidrig“, zeigen die Insider auf.
Bundesverwaltungsgericht oder Senat nun am Zug?
Ein kurioses Detail noch zum Schluss: Carstens betont gegenüber der „Tiroler Krone“, dass nach dem Einreichen seiner Beschwerde „der Senat der Universität Innsbruck zu entscheiden hat“. Der Vorsitzende davon ist der angeführte bekannte Universitätsprofessor. Doch Steger verweist darauf, dass „aufgrund einer Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit bereits seit 2014 nicht mehr der Senat zweite Instanz ist, sondern das Bundesverwaltungsgericht“ – auch eine Thematik, die an der Universität Innsbruck derzeit intensiv diskutiert wird
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