Der Rücktritt von Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Walser und die Nachbesetzung von Barbara Thaler sorgen in Tirol nicht nur in den Wirtshäusern für Gesprächsstoff. Gerald Hauser (FPÖ) spricht von ÖVP-Postenschacher und fordert Fakten zum Walser-Rücktritt. War die EU-Parlamentarierin gar nicht die erste Wahl? Kam sie nur zum Zug, weil andere abgesagt haben?
Aus Sicht des Tiroler Wirtschaftsbundes und dessen Obmann Franz Hörl (ÖVP) hat man mit der raschen Nachfolgefindung für den am Freitag von allen Ämtern zurückgetretenen Christoph Walser Handlungsfähigkeit bewiesen. Wie berichtet, wird die EU-Abgeordnete Barbara Thaler Walser-Nachfolgerin und damit die erste Präsidentin der Wirtschaftskammer Tirol. Von den bundesweit insgesamt zehn Wirtschaftskammerpräsidenten (neun Bundesländer plus Wirtschaftskammer Österreich) gibt es dann mit ihr zwei Frauen in dieser Position. In Oberösterreich bekleidet Doris Hummer dieses Amt. Sie führt das Familienunternehmen „DOMICO Dach-, Wand- und Fassadensysteme“, einen metallverarbeitenden Industriebetrieb mit 140 Mitarbeitern. Thaler leitet die Firma „digithaler – Agentur für digitale Sichtbarkeit“ und beschäftigt drei Mitarbeiter.
Auf Augenhöhe mit den Industriebossen?
Wenig verwunderlich ist somit, dass bereits am Wochenende erste kritische Stimmen laut wurden, was Thaler und ihre Kompetenzen als Präsidentin betreffen. Vor allem, wie sie mit den Industriebossen in Tirol auf Augenhöhe sein könne. WB-Boss Hörl meinte ja am Samstag nach Bekanntgabe der Nominierung von Thaler stolz: „Die Entscheidung war dabei nicht von der Frage geprägt, ob es einen passenden Kandidaten gibt, sondern wer von den vielen dafür geeigneten Personen aus unserem starken Team die beste Wahl ist.“
Schenkt man aber Unkenrufern Glauben, dann entsprechen diese Aussagen Hörls nicht so ganz hundertprozentig der Wahrheit. Denn angeblich wurden beispielsweise auch die WK-Vizepräsidenten Manfred Pletzer (Pletzer Gruppe) und Hoteliersfrau Martina Entner gefragt. Beide sollen dem Vernehmen nach aber abgewunken haben - mit der Begründung, in ihren Betrieben ausgelastet zu sein.
Großes Schweigen nach Walser-Rücktritt
Interessant ist aber auch, dass die sonstigen „Politschreihälse“ in diesem Land, die sich meist gezwungen sehen, sich zu jedem noch so kleinen Detail äußern zu müssen, zum Rücktritt Walsers ruhig bleiben. Einzig die Freiheitlichen, bekanntlich nicht gerade Enthusiasten, was Kammern und Zwangsmitgliedschaft betrifft, trauten sich aus der Deckung. Gerald Hauser, Obmann der Freiheitlichen Wirtschaft, sieht in der Bestellung Thalers „keine zukunftsweisende Ansage“, sondern einen „reinen Versorgungsjob-Joker, denn sie wäre nie wieder ins EU-Parlament gekommen“.
Hauser zeigt sich zudem „schockiert“ über die Entwicklungen in der Tiroler Wirtschaftskammer. „Was in den vergangenen 48-Stunden passiert ist, das hat es in Tirol selten gegeben. Gerade in diesen wirtschaftlich angespannten Zeiten bräuchte die Wirtschaft echte Stabilität, um die Herausforderungen zu meistern“, so Hauser. Er verlangt zudem konkrete Fakten zum Rücktritt Walsers. „Es gilt die Unschuldsvermutung, aber dennoch muss publik werden, wer in der Wirtschaftskammer und im ÖVP-Wirtschaftsbund von den kolportierten Vorwürfen wusste, vor allem seit wann. Dafür muss LH Mattle nun sorgen, um den nachhaltigen Imageschaden der Kammer zu minimieren.“
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