Comeback nach Rauswurf
Polit-Beben: Cameron wird britischer Außenminister
Der frühere britische Regierungschef David Cameron ist zum neuen Außenminister seines Landes ernannt worden. Das teilte die Downing Street nach einer „Umstrukturierung“ am Montag mit. Zuvor musste eine umstrittene Ministerin ihren Hut nehmen.
Der frühere Premierminister David Cameron feiert ein überraschendes Polit-Comeback. Um das neue Amt antreten zu können, wurde der ehemalige Regierungschef in den Adelstand gehoben. Cameron ist nun ein Baron. Die Tradition schreibt vor, dass jedes Mitglied des Kabinetts Abgeordneter oder „Peer“ sein muss.
Die Stelle wurde frei, da die umstrittene Innenministerin Suella Braverman aus dem Kabinett geworfen und durch den bisherigen Außenminister James Cleverly ersetzt wurde. Britische Medien berichten, dass Premierminister Rishi Sunak die Gunst der Stunde nutzen könnte, um noch weitere Ministerposten neu zu besetzen.
Rauswurf stellt Regierung auf den Kopf
Die rechte Politikerin Braverman hatte der Londoner Polizei - für die sie selbst verantwortlich ist - in der vergangenen Woche unter anderem vorgeworfen, auf dem linken Auge blind zu sein und Rechtsverstöße bei „Hassmärschen“ gegen die israelische Bombardierung des Gazastreifens zu tolerieren. Zudem hetzte sie gegen die muslimische Bevölkerung.
Vom Chef zum Mitarbeiter
- Dass ein ehemaliger britischer Premierminister in einer geringeren Funktion in ein Kabinett zurückkehrte, ist ein halbes Jahrhundert her.
- Alec Douglas-Home wurde 1970 ebenfalls zum Außenminister ernannt.
Cameron trat im Jahr 2016 nach dem verlorenen Brexit-Referendum als Premierminister zurück, das von ihm anberaumt wurde. Die Konsequenzen sind bekannt. 2018 kündigte er Berichten zufolge bereits in internen Kreisen an, in die Politik zurückkehren zu wollen, vorzugsweise als Außenminister.
Spekulationen wurden angeheizt, als Cameron am Montagvormittag den Regierungssitz in der Downing Street betrat:
Braverman fiel bereits in der Vergangenheit mit rechten Tiraden auf. Sie bezeichnete Obdachlosigkeit etwa als „Lifestyle choice“ - also als einen freiwilligen Rückzug in Armut ohne Dach über dem Kopf.
Braverman - eine Wiederholungstäterin
Es ist das zweite Mal, dass Braverman innerhalb von etwas mehr als einem Jahr aus dem gleichen Amt gedrängt wurde. Liz Truss hatte sie im Oktober vergangenen Jahres nach nur wenigen Wochen im Amt zum Rücktritt aufgefordert, weil sie von einer privaten E-Mail-Adresse aus vertrauliche Informationen an einen Abgeordneten geschickt hatte.
Camerons Ernennung als Nachfolger wird als erster Schachzug von Premierminister Sunak gedeutet, um innerhalb seiner Partei moderate Kräfte zu befrieden, die von Bravermans aggressiv rechter Rhetorik zu Themen wie Einwanderung, Polizeiarbeit und Obdachlosigkeit bestürzt sind, berichtet etwa der „Guardian“.
Rauswurf provoziert?
Politische Beobachter gehen davon aus, dass Braverman mit ihren Eskapaden die Übernahme der Tory-Partei vorbereite. Spekuliert wurde, dass sie sich als Kandidatin des rechten Parteiflügels positioniere und womöglich ihren Rauswurf absichtlich herbeiführen wollte.
Für Sunak wird die Zeit angesichts von Parlamentswahlen im kommenden Jahr knapp, in der Gunst der Wähler zuzulegen. In Umfragen führte zuletzt die Labour-Opposition mit rund 20 Prozentpunkten vor der Konservativen Partei von Sunak. Zuletzt verloren sie im Juli zwei Wahlkreise bei Nachwahlen. Die Tories kämpfen mit den Folgen einer ganzen Reihe von Skandalen unter dem früheren Premierminister Boris Johnson, der sich unter anderem über die von seiner Regierung aufgestellten Corona-Regeln hinweggesetzt hatte.
Sunak positionierte sich als Reformer, scheiterte aber bisher an seinen eigenen Versprechen. Die Rückholaktion von Cameron wird von der Opposition als Einzementierung des Status Quo kritisiert. Pat McFadden, nationaler Koordinator der Labour-Kampagne, sagte: „Damit ist die lächerliche Behauptung des Premierministers, er biete einen Wandel nach 13 Jahren des Versagens der Tories, ad acta gelegt.“
Lobby-Skandal belastet Cameron
Denn auch Cameron hat keine reine Weste. Vor zwei Jahren wurde er in einen Lobby-Skandal verwickelt, als er sich bei der Regierung für die Finanzierung des inzwischen insolventen Finanzdienstleistungsunternehmens Greensill Capital einsetzte.
Eine Sprecherin der Liberaldemokraten erklärte: „David Cameron stand im Zentrum des größten Lobbyskandals der jüngsten Zeit. Die Verleihung des Adelstitels an ihn ist eine Verhöhnung unseres Ehrensystems.“
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