Am ersten Tag der Streikserie der Metaller zeigen sich die Arbeiter weiterhin kampfbereit. Sie würden lieber protestieren als zu niedrige Lohnabschlüsse zu akzeptieren. Die Arbeitgeber zeigen sich nach wie vor wenig kompromissbereit - jeder Prozentpunkt mehr Lohn koste sie 100 Millionen Euro, halten sie dagegen.
Nachdem am Montag keine Einigung erzielt werden konnten, reagiert die Gewerkschaft seit Dienstagfrüh mit Kampfmaßnahmen - diese sollen zumindest bis Freitag anhalten, erst am Samstag geht es wieder an den Verhandlungstisch.
„Wir fürchten uns nicht vor einem Streik“, sagte der KV-Chefverhandler der Arbeitgeber, Christian Knill, am Dienstag. Vielen Unternehmen sei ein Streik lieber als ein zu hoher Abschluss. „Aber es ist natürlich für Keinen lustig.“
Arbeitgeber: „Könnten sofort weiterverhandeln“
In Summe sollen in den nächsten Tagen Streiks in rund 200 Betrieben durchgeführt werden. Die Proteste würden jedoch nichts an den wirtschaftlichen Tatsachen ändern, sagte Knill. „Es ist eine Aktion, bei der vielleicht jeder seinen Frust ein bisschen loswird - aber ein Ergebnis werden wir trotzdem nur am Verhandlungstisch erreichen können.“ Die Arbeitgeber stünden jederzeit zu weiteren Gesprächen bereit, „wir könnten auch sofort wieder weiterverhandeln“.
Bewährte Formel mit weniger Bedeutung
Im Wesentlichen spießt es sich daran, dass die Gewerkschaften Lohnerhöhungen um die „rollierende Inflation“ plus zwei Prozent fordern - also eine Abgeltung für die Inflation für einen gleitenden Zeitraum von zwölf Monaten und einen Zuschlag. Diese zwei Prozent seien „willkürlich“, meint Knill. Die Arbeitnehmer hätten am Anfang der Gespräche immer wieder die „Benya-Formel“ ins Treffen geführt, die für Lohnerhöhungen die Abgeltung der Inflation plus einen Anteil am Zuwachs der Produktivität vorsieht.
„Die gesamtwirtschaftliche Produktivität ist aber mit 1,3 Prozent negativ“, so der Obmann des Fachverbandes der Metalltechnischen Industrie (FMTI) zur APA. „Deshalb sollte nach der Benya-Formel weniger herauskommen als die rollierende Inflation von 9,6 Prozent.“
„Können Kaufkraftverlust nicht alleine schultern“
Die Auftragslage der Unternehmen habe sich seit Herbst 2022 verschlechtert, sagte Knill. Im ersten Halbjahr 2023 seien die Aufträge um 18 Prozent zurückgegangen. Angesichts dieser schwierigen wirtschaftlichen Situation könnten die Unternehmen den Kaufkraftverlust nicht alleine schultern, „das bricht uns das Genick, das können wir einfach nicht“. 90 Prozent der rund 1200 Unternehmen seien kleine und mittlere Unternehmen. „Das sind nicht die großen Unternehmen, die Dividenden ausschütten und die Arbeitnehmer ausbeuten.“
Knill bezifferte die Personalkosten seiner Branche mit 10 Mrd. Euro, ein Prozent Erhöhung koste also 100 Millionen Euro. „Unser Angebot - die sechs Prozent nachhaltig plus die Einmalzahlung - sind im Schnitt rund 8,2 Prozent. Das bedeutet hochgerechnet 820 Millionen Mehrkosten.“
Ansage an Arbeiter: „Aufpassen, was sie machen“
Knill appellierte an die Streikenden, „dass sie aufpassen, was sie machen“. Es sei beim Streik nicht alles erlaubt: „Streik ist eine Arbeitsniederlegung, aber nicht eine Blockade oder Behinderung von Arbeitsabläufen.“ Wenn es zu Abmeldungen von streikenden Mitarbeitern kommen sollte, dann würde das nicht den Verlust der Versicherung bedeuten. Das Entgelt für die Streiktage werde am Monatsende vom Lohn abgezogen.
Derzeit beträgt der monatliche KV-Mindestlohn in der Branche 2230 Euro brutto. Der Durchschnittslohn bei Arbeitern beträgt nach Angaben der Arbeitgeber 3670 Euro, das Durchschnittsgehalt bei Angestellten 5100 Euro.
Arbeitgeber profitierten schon im Vorjahr
Wifo-Experte Benjamin Bittschi hatte zuletzt erklärt, dass die Metaller-Arbeitgeber mit der Anwendung der Benya-Formel eigentlich gut bedient seien. Hier wird die rollierende Inflation plus eines Teils des gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsanstiegs angewandt. Da der Produktivitätsfortschritt in der Herstellung von Waren größer ist als in der Gesamtwirtschaft, sei das potenziell ein Vorteil für die Wettbewerbssicherung.
Arbeiter: „Stimmung ist sehr verärgert“
Bei der deutschen Maschinenbaufirma Trumpf in Pasching in Oberösterreich mit dort insgesamt 830 Mitarbeitenden meldeten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Frühschicht dienstbereit, traten aber in den Streik. Am Firmeneingang waren zwei Streikposten stationiert. Arbeiterbetriebsratschef Alfred Sacher sagte dem ORF-Radio: „Die Stimmung ist sehr verärgert. Die Leute haben sich von den gestrigen Verhandlungen einiges erwartet, sind mit den Aufbesserungen der Arbeitgeber nicht einverstanden. Sie werden die Arbeit heute nicht aufnehmen. Der Streik geht bis 22 Uhr.“
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