Falscher Costa:

Abschreibfehler kostete Portugals Premier den Job

Ausland
16.11.2023 12:04

Der Verdacht auf Korruption hat in Portugal für ein Polit-Beben gesorgt. Auf Hausdurchsuchungen vergangene Woche folgten der Rücktritt des Regierungschefs und die Ausrufung von Neuwahlen: Jetzt stellt sich heraus, die Ermittlungen stützten sich auf ein Abhörprotokoll, bei dem ein Name falsch mitgeschrieben wurde.

„Nicht zu verwechseln mit António Costa“ steht beim Wikipedia-Eintrag zu António Costa Silva, dem Wirtschaftsminister Portugals. Genau das ist aber der Staatsanwaltschaft, die für die Ermittlungen gegen den portugiesischen Ex-Premier zuständig ist, passiert.

Zweiter Nachname weggelassen
Die Ermittler untersuchen den Verdacht auf Bestechlichkeit und Vorteilsnahme bei Lithium- und Wasserstoffprojekten in der Stadt Sines. Als sie ein Telefonat zwischen dem Geschäftsführer eines dort ansässigen Datenzentrums und dem Berater Diogo Lacerda Machado abhörten, fiel der Name von António Costa Silva. Protokolliert wurde aber nur der von António Costa, der zweite Nachname nicht übernommen. Es ging darum, an wen in der Regierung man sich für eine Gesetzesänderung wenden könnte.

Ministerpräsident Costa war vergangene Woche zurückgetreten, kurz darauf rief der Präsident Neuwahlen aus. (Bild: AP)
Ministerpräsident Costa war vergangene Woche zurückgetreten, kurz darauf rief der Präsident Neuwahlen aus.

Der Anwalt einer der Angeklagten wies die Staatsanwaltschaft auf den Fehler hin. „Das ist doch absurd. Wenn Lacerda Machado mit António Costa sprechen will, nimmt er sein Handy und ruft ihn an. Es ging um ein Gespräch mit dem Wirtschaftsminister António Costa Silva“, erklärte der Anwalt laut „Euractiv“ vor Gericht. Lacerda Machado ist ein einflussreicher Unternehmer in Portugal mit einem guten Draht zu Ex-Premier Costa von der Sozialistischen Partei (PS).

Festgenommene auf freiem Fuß
Der war vergangene Woche zurückgetreten, nachdem bekanntgeworden war, dass unter anderem seine Residenz und zwei Ministerien wegen massiven Korruptionsverdachts durchsucht wurden. Insgesamt hatte es 42 Durchsuchungen gegeben. Bei seinem Rücktritt betonte António Costa, dass er keine „ungesetzliche oder verwerfliche Handlung“ begangen habe. Costas Kabinettschef, Lacerda Machado und drei weitere Personen waren festgenommen worden. Inzwischen wurden die fünf Verhafteten - teilweise mit Auflagen - auf freien Fuß gesetzt, berichtet der „Standard“. Insgesamt gibt es neun Angeklagte in dem Fall.

Staatsanwaltschaft gibt Fehler zu
Die Staatsanwaltschaft räumte den Fehler ein. Weitere Konsequenzen zeichnen sich derzeit nicht ab. In einem Radiointerview erklärte der Chef der Vereinigung der Staatsanwälte aber, dass die fehlerhafte Abschrift „keine größere Relevanz für den Fall“ habe. Eine Abweichung zwischen Tonaufnahme und Transkription sei kein Problem, da „die Aufzeichnung das ist, was als Beweismittel gültig ist“.

Trotz der Verwirrung will die PS sich auf die Neuwahlen konzentrieren, die Portugals Präsident Marcelo Rebelo de Sousa für 10. März ansetzte, nachdem er vergangene Woche das Parlament aufgelöst hatte. „Wir werden nicht die kommenden vier Monate damit verbringen, über ein Gerichtsverfahren zu diskutieren“, erklärte Infrastruktur- und Wohnbauminister Pedro Nuno Santos. Bei einem Sonderparteitag will die PS einen Nachfolger von António Costa wählen. Neben Nuno stellt sich auch Innenminister José Luís Carneiro für die Spitzenkandidatur auf. Die PS hofft, ihre absolute Mehrheit im Parlament bei den Neuwahlen verteidigen zu können.

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