Fortsetzung im Prozess gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz und seinen früheren Kabinettschef Bernhard Bonelli wegen falscher Beweisaussage im Ibiza-U-Ausschuss. Am Programm stand die erste Zeugenbefragung, die tiefe Einblicke hinter die politischen Kulissen gab. Der Ex-Kanzler schießt sich einmal mehr auf die WKStA und auf Thomas Schmid ein.
Nachdem der Kronzeugen-Anwärter im Casag-Akt, Thomas Schmid, offenbar im Ausland weilt, ist der frühere ÖBB-Finanzvorstand Arnold Schiefer geladen. Zwischen dem FPÖ-nahen Manager Schiefer und dem damaligen Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid soll es eine Vereinbarung der türkis-blauen Regierung zu Personalbesetzungen der Staatsholding ÖBAG gegeben haben, wovon Kurz laut eigener Aussage nichts gewusst hatte.
Sideletter anders als mündliche Vereinbarung
Richter Michael Radasztics möchte zu Beginn der Befragung wissen, ob Schiefer an der Erarbeitung des Sideletters beteiligt war? Zwar sei er in die ÖVP/FPÖ-Regierungsverhandlungen involviert gewesen: „Bei der Formulierung des Sideletters bin ich nicht dabei gewesen“, antwortet Schiefer. Das Verschriftlichte habe auch nicht mit dem überein gestimmt, was mündlich vereinbart wurde - was zu Verärgerung bei Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache führte. „Da ist uns ein riesiger Fehler passiert“, lautet eine Textnachricht. Diesen müsse man bei der Formulierung des ÖBAG-Gesetzes reparieren.
Via SMS belegte Verlogenheit
Tiefe Einblicke gibt die Befragung über Verhandlungstaktik und politische Ehrlichkeit. Schiefer und sein ÖVP-Gegenüber Schmid sind in den Chats zueinander nett und freundlich: „Wir sind ein gutes Team. Da müssen wir mal Party machen“, schreiben sie sich etwa. Wenig später bezeichnet Schmid Schiefer gegenüber einem Parteifreund - ebenfalls via SMS - unter anderem als „widerlichen Kerl“, der ein falsches Spiel bei ÖBIB spiele und bei den Schwarzen gerade zur „Persona non grata“ werde. „Das ist ein Kompliment“, sagt Schiefer im Prozess als Zeuge und bringt damit mehrere Personen im Publikum zum Lachen.
Kritik an selektiver Chatauswahl
Nach der Zeugenbefragung meldet sich Sebastian Kurz zu Wort. Er kristisiert einmal mehr die selektive Auswahl der Chats durch die WKStA: „Chats, die nicht in die Geschichte passen, finden keine Erwähnung. Auf Chats, die reinpassen, wird herumgeritten“, sagt er in Richtung der beiden Oberstaatsanwälte Gregor Adamovic und Roland Koch. „Ich bin froh, dass mehr und mehr Chats zum Akt kommen“, sieht er seine Unschuld durch die Gesamtschau der Nachrichten belegt.
Falsches Spiel von Schmid?
Einmal mehr geht er auf das aus seiner Sicht falsche und von Eigeninteressen geprägte Verhalten von Thomas Schmid ein und präsentiert auch ein Beispiel aus dem Akt. Demnach habe ihm Schmid, als er auf der Suche nach einem Kabinett war, versichert, dass er Johannes Frischmann sofort nochmals fragen werde, ob er ins Kabinett will. Tatsächlich schrieb Schmid Frischmann folgende Nachricht: „Den Kurz-Leuten musst du absagen. Dort wärst du vierte Geige. Jetzt bist du Erster.“ Frischmann war damals Pressesprecher des Finanzministers.
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