Bidens Diktator-Sager
Wenn‘s der Boss vergeigt: US-Chefdiplomat verfällt
Die USA und China haben sich nach langer Funkstille diplomatisch wieder angenähert. Das ist auch ein Erfolg von US-Außenminister Antony Blinken. US-Präsident Joe Biden leistete sich nach einem Treffen der Supermächte allerdings einen verbalen Blackout - was sein Chefdiplomat offenbar gar nicht witzig fand.
Das Pulverfass Nahost, imperialistischer Größenwahn im Kreml und Spannungen im Südchinesischen Meer lassen die Welt erzittern. Grenzen werden verschoben, neue Fraktionen gebildet und globale Konflikte sind keine Schauererzählungen vergangener Zeiten mehr. Man könnte auch sagen: US-Außenminister Antony Blinken ist zurzeit ein vielbeschäftigter Mann, der an mehreren Fronten gleichzeitig gegen einen Flächbrand ankämpfen muss.
Ein eher undankbarer Job mit wenigen Lichtblicken. Umso mehr dürfte es Blinken freuen, dass er jüngst einen Teilerfolg verbuchen konnte.
Supermächte sprechen wieder miteinander
US-Präsident Joe Biden und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping sprechen wieder miteinander. Ein Jahr lang haben sie sich nicht gesehen. Kein Telefonat, keine Videoschaltung, nichts. Es ist nur zu erahnen, welch diplomatischer Kraftakt nötig war, um die Staatenführer wieder an einen Tisch zu bringen. In San Francicso kam es am Donnerstag zum Wiedersehen.
Biden und Xi sitzen im idyllischen Filoli-Anwesen in Woodside über mehrere Stunden zusammen, abgeschirmt von der Außenwelt durch ein Großaufgebot von Polizisten. Die Präsidenten diskutieren mit Beratern in größeren und kleineren Runden. Vor allem beim Thema Taiwan sei leidenschaftlich gestritten und mitunter Gewalt angedroht worden, berichten Teilnehmer.
Nach dem Treffen wird betont, dass China und die USA zwar keine Freunde, aber um globale Stabilität und verbale Abrüstung bemüht seien. Ziemlich beste Feinde also.
Biden bekräftigt Diktator-Sager
Was Biden darunter versteht, demonstriert der 80-Jährige - kurz nachdem Xi wieder in seine Limousine gestiegen war - vor versammelter Weltpresse und sorgt damit bei seinem Chefdiplomaten für ein langes Gesicht. Auf die Frage einer Reporterin, ob er Xi nach der Annäherung weiter als einen „Diktator“ bezeichnen würde, erklärt Biden: „Schauen Sie, das ist er.“
Der US-Präsident hätte auch sagen können: „Unsere Vorstellungen, wie ein Land regiert werden soll, unterscheiden sich fundamental.“ Doch Biden entscheidet sich nach einem Jahr Funkstille für den diplomatischen Vorschlaghammer. Umständlich schiebt er nach, Xi sei ein Diktator in dem Sinne, dass er ein kommunistisches Land führe, „das auf einer Regierungsform basiert, die sich komplett von unserer unterscheidet“.
Bereits Ende Juni hat Biden seinen Amtskollegen einen Diktator genannt - damals nur einen Tag nachdem sich Blinken mit dem chinesischen Präsidenten getroffen hatte. Dieses Mal lässt er keine 24 Stunden vergehen, um seinem Außenminister das Leben ein Stück schwerer zu machen.
Blinken fällt in sich zusammen
Der Unterschied zu damals: Eine Kamera filmt Blinkens Reaktion, die körperlich ausfällt. Der US-Außenminister sinkt in sich zusammen, kann seine Enttäuschung nicht verbergen. Bevor er sich wohl daran erinnert, dass er sich den Raum mit Pressevertretern teilt. War die ganze harte Arbeit der vergangenen Monate umsonst? Zerstört durch eine einzige Wortmeldung seines Chefs?
Die Reaktion zum Nachsehen:
Das Ergebnis des Treffens gibt derart brachiale Angriffe eigentlich nicht her. Denn viel Konkretes war nicht dabei: Es gibt eine Vereinbarung zum Kampf gegen die Einfuhr des Schmerzstoffes Fentanyl aus China in die USA, um die Drogen-Epedemie in den Vereinigten Staaten in den Griff zu bekommen. Was Biden innenpolitisch im Wahlkampf helfen dürfte.
Armeen nehmen wieder Kontakt auf
Daneben steht die Wiederbelebung der direkten Kommunikation zwischen den Präsidenten und den Streitkräften beider Länder. Was nur zeigt, wie weit sich die Supermächte zwischenzeitlich voneinander entfernt hatten. Mit viel mehr haben die Amerikaner nach eigenem Bekunden auch nicht gerechnet.
Viel höher können die Erwartungen nach Bidens - wohl unverhofft - klarer Kante auch in naher Zukunft nicht ausfallen.
China verurteilt seinen Sager wenig später auf einer Pressekonferenz in Peking. Der Sprecher des Außenministeriums, Mao Ning, erklärt, diese Art von Rede sei „extrem falsch“ und „unverantwortliche politische Manipulation“.
Ob das Handy von Blinken nach der denkwürdigen Aussage seines Chefs wohl schon geklingelt hat? Fragen hätten die Chinesen sicher genug.
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