Endlich ist die Jedermann-Katze der Salzburger Festspiele aus dem Sack. Das Warten auf die Hard Facts zum Jedermann-Theater, das in den letzten Wochen Österreich schwer beschäftigt hat, ist zu Ende. Jetzt wurde offiziell das neue Jedermann-Team 2024 rund um Robert Carsen als Regisseur, Philipp Hochmair als Jedermann und Deleila Piasko als Buhlschaft bei einer Pressekonferenz präsentiert.
Salzburgs Festspielintendant Markus Hinterhäuser stand schwer in der Kritik, nachdem durch den vorzeitig gefeuerten Jedermann-Regisseur Michael Sturminger bekannt wurde, dass es trotz Verlängerungszusagen und Verträgen im kommenden Sommer einen komplett neuen Jedermann geben wird. Auch Hauptdarsteller Michael Maertens musste den Domplatz räumen. Erstmals bezogen Markus Hinterhäuser und seine neue Schauspielchefin Marina Davydova nun vor der Presse Stellung zum nicht gerade elegant gelungenen Coup.
„Wir haben es uns nicht leicht gemacht“, sagte Hinterhäuser zur Entscheidung: „Wir haben nachgedacht, wie wir mit dem bestehenden Jedermann umgehen sollen“, so Hinterhäuser über die drei Neuinszenierungen durch Sturminger in den letzten sieben Jahren, mit drei Jedermann-Darstellern und sieben verschiedenen Buhlschaften. Die Entscheidung war: „Er ist zu einem Ende gekommen!“
Für Davydova präsentierte sich das für die Festspiele zentrale Stück in der letzten Form vor allem als Attraktion „für die lokale Bevölkerung und für Touristen. Vielleicht war es an der Zeit, dieses emblematische Stück österreichischer Kultur von einem internationalen Regisseur inszenieren zu lassen und auf eine international gültige Ebene zu heben. Robert Carsen hat fünf Opern von Richard Strauss auf einen Text von Hugo von Hofmannsthal inszeniert, ist also ein Hofmannsthal-Spezialist. Er wird hoffentlich eine neue Jedermann-Seite aufschlagen, und damit wieder an Max Reinhardt anschließen“, so Davydova.
Dem Umstand, dass er vor allem als Opernregisseur bekannt ist, stellte der Kanadier Robert Carsen entgegen, dass er einst als Schauspieler begonnen hat und auch Schauspiel studierte, bevor er zur Oper kam.
Der Kaufmännische Direktor Lukas Crepaz berichtete, dass man mit dem ehemaligen, entlassenen Ensemble in Gesprächen sei. „Wir sind zuversichtlich, je nach Vertrag, Lösungen zu finden und haben auch schon einige Einigungen erzielt“. Hinterhäuser ergänzte: „Wir wollen uns auch nicht frei machen von den Verpflichtungen, die wir getroffen haben. Wir sind kein ,Hire and Fire‘ Unternehmen!“
Kommentar:
In Kürze wird das Programm der Salzburger Festspiele für den Sommer 2024 bekannt gegeben. Die Ouvertüre dazu geriet leider eher kakophon und wenig erfreulich. Obwohl man, betrachtet man die Besetzungsliste zum neuen Jedermann und hört die Argumente von Intendant Markus Hinterhäuser und Schauspielleiterin Marina Davydova, alles nachvollziehbar und durchaus vielversprechend finden kann.
Sogar das spontane Absägen fix engagierter Jedermann-Leading-Teams scheint in Salzburg Tradition zu haben. Als Tobias Moretti 2017 in die höchst erfolgreiche Inszenierung der beiden US-Amerikaner Brian Mertes und Julian Crouch als Neubesetzung einsteigen sollte, kam es zum Krach. Moretti wünschte sich eine andere Regie - und die soeben vom Landestheater Niederösterreich nach Salzburg gewechselte Schauspielchefin Bettina Hering zauberte spontanen Ersatz aus dem Hut: Michael Sturminger. Der musste für den Salzburger Express-Auftrag sogar seine Regie für Minna von Barnhelm bei den von ihm geleiteten Sommerspielen Perchtoldsdorf abgeben.
Dasselbe Schicksal hat nun also Michael Sturminger kalt erwischt, wobei seine insgesamt drei Inszenierungen lang nicht so gut ankamen, wie die seiner Vorgänger.
Markus Hinterhäuser lässt im persönlichen Gespräch durchblicken, dass das erste Schauspielprogramm von Davydova auch englischsprachigen Produktionen bringen wird. Der neue Jedermann wird mit englischen Übertiteln gezeigt. Internationales, nicht Deutsch sprechendes Festspielpublikum soll so angesprochen werden. Man möchte wieder an den zwischen Wien, Salzburg, Berlin und den USA tätigen Festspielgründer und Welttheatermacher Max Reinhardt anzuknüpfen. Das ist höchst legitim. Verwunderlich bleibt allerdings die große Eile, die Überstürzung, die doch einige unnötige Mehrkosten verursachen wird. Es hätte wohl niemandem arg wehgetan, den alten, ungeliebten Jedermann zumindest noch einen Sommer lang leben und sterben zu lassen.
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