400.000 Zinnfiguren haben in Katzelsdorf im alten Pferdelazarett ihr Zuhause. Die mit viel Liebe zum Detail gestalteten Dioramen (Schaubilder), die als Bühne für die Zinnfiguren dienen, erzählen Geschichten zu historischen Ereignissen, Märchen und vielen anderen Themen.
Seit 19 Jahren gibt es die Zinnfigurenwelt in Katzelsdorf im Bezirk Wiener Neustadt. Und die Zahl der Zinnfiguren wächst laufend. „Zinnfiguren sammeln war früher ein Steckenpferd älterer Herren. Die Männer sterben und die Frauen überlassen uns den Nachlass“, so Museumsleiter Franz Rieder.
Kleine Figuren dienten sogar als „Lernbehelfe“
Der Boom der Zinnfiguren begann gegen 1750. Die ersten Exemplare waren Pilgerabzeichen. Später dienten sie Kindern als Lernspielzeug und wurden sogar Schulbüchern beigelegt. „Denn Kinder um 1800 hatten keine Ahnung, wie ein Truthahn oder ein Elefant aussah“, erklärt Rieder. „Um 1850 wurde die Welt militärisch und die Kinder spielten Kriege mit den Zinnfiguren nach“, erzählt Rieder weiter.
Im Jahr 1870 wurden in Nürnberg rund fünf Millionen Zinnfiguren hergestellt. Die Produktion riss nach dem 1. Weltkrieg ab, denn dann fehlte das Geld dafür. Im Laufe der Jahre veränderte sich auch das Aussehen der Figuren. Die Zeit der kulturhistorischen Zinnfiguren begann – sie wurden detailgetreuer und auch der Gesichtsausdruck wurde wichtiger.
Zinnfiguren für Schallaburg
Das Museum dient aber nicht nur als Ausstellungsort. Auch Auftragsarbeiten werden angenommen. So wurden Zinnfiguren für die Napoleon-Ausstellung auf der Schallaburg hergestellt. Der Nachbau der „Schlacht von Aspern“ war 12 Quadratmeter groß und umfasste 3500 Figuren. „Sechs Leute arbeiteten ehrenamtlich fast sechs Monate daran“, erzählt Rieder stolz. Auch die Zinnfiguren im Shop der Spanischen Hofreitschule kommen aus Katzelsdorf und sogar für die Metropolitan Opera in New York schuf man hier Zinnfiguren von Strauß, Beethoven, Bach und Mozart
Jeder kann sich „seine“ Zinnfigur fertigen lassen
Aber auch von Privatkunden können Figuren in Auftrag gegeben werden. „Ein Kunde wollte etwa für sein Kellerstüberl die Erschießung Andreas Hofers nachgebaut haben“, erzählt der Museumsdirektor. Zuerst wird die Figur auf dem Papier entworfen. Danach wird sie freihändig in einen Stein graviert – Vorder- und Rückseite der Zinnfigur. „Nur der Umriss wird abgepaust“, so Rieder. Sechs bis acht Stunden arbeitet ein professioneller Graveur daran, 500 bis 600 Euro kostet die Herstellung eines Steins. Dann wird das Zinn in den Stein gegossen. Jeden ersten Sonntag im Monat kann man vor Ort dabei sein, wenn neue Figuren entstehen.
Infos: www.zfw-katzelsdorf.at
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