„Halten daran fest“

Kinder gehen mit Klimaklage in die nächste Runde

Klima
20.11.2023 12:58

Mehrere österreichische Kinder haben zu Jahresbeginn erstmalig eine Klimaklage eingereicht - als diese aus „formalen“ Gründen vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) zurückgewiesen wurde, war die Aufregung groß. Sieben von ihnen starten jetzt einen neuen Versuch.

Sie sehen ihre Kinderrechte und Zukunft durch fehlende Maßnahmen für den Klimaschutz gefährdet. Die Klimaklage geht damit in die nächste Runde. Bereits am Freitag wurde ein neuer, abgeänderter Antrag beim Höchstgericht eingereicht, hieß es am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Smilla: „Habe das Recht auf eine lebenswerte Zukunft“
Die 15-jährige Smilla hatte bereits im Februar 2023 auf Grundlage ihrer Kinderrechte geklagt, im Juli wurde die Klage vom VfGH zurückgewiesen. „Ich habe Angst. Angst vor einer Zukunft, die nicht mehr lebenswert ist“, sagte sie am Montag. Der vergangene Sommer hat mit Hochwasser, Naturkatastrophen und hohen Temperaturen die Auswirkungen der Klimakrise gezeigt.

Seit 2011 sind Kinderrechte in Österreich in der Verfassung verankert. „Ich habe Kinderrechte, das Recht auf eine lebenswerte Zukunft“, sagte Smilla. Doch die „Regierung blockiert jegliche Bemühungen, Klimaschutz in die Tat umzusetzen“, sagte die 15-Jährige. „Wir befinden uns an einem sehr wichtigen Punkt der Geschichte, jetzt entscheidet es sich, wie unsere Zukunft weitergeht, ob die Klimaziele eingehalten werden“, betonte die junge Klägerin.

Anwältin sorgt sich um erneute Hürden
„Verfassungsrechte müssen vor Gericht einklagbar sein, sonst sind sie nicht mehr wert als ein Stück Papier“, sagte die Anwältin für Klima-, Umwelt- und Verfassungsrecht Michaela Krömer, die die Minderjährigen vertritt. Sie erinnerte daran, dass in der ersten Klage „niemand wirklich bestritten hat, dass hier Rechte potenziell verletzt sind“. Sie erhofft sich mit dem überarbeiteten Antrag, dass sich das Gericht „inhaltlich mit dem Thema auseinandersetzt“. Möglich sei erneut, dass den Kindern formelle Hürden in den Weg gestellt werden.

Im Zentrum steht angesichts der hohen formellen Hürden das Recht auf Beschwerde. „Dieses Gerichtsverfahren betrifft also auch das Recht, geltende Verfassungsrechte überhaupt einfordern zu können und ist somit auch aus rechtsstaatlicher Sicht von besonderer Bedeutung“, sagte Krömer. Die Initiative CLAW, welche das Verfahren unterstützt, kämpft dafür, dem Rechtsschutzdefizit im Klimaschutz endlich ein Ende zu setzen.

Klimaanwälting Krömer (vorne li.) bringt erneut für die Kinder eine Klimaklage ein. (Bild: Imre Antal)
Klimaanwälting Krömer (vorne li.) bringt erneut für die Kinder eine Klimaklage ein.

„Haben junge Menschen die Chance, sich zu beschweren?“
„Wenn die Zukunft ganzer Generationen zerstört wird und es in Österreich kaum eine Möglichkeit gibt, sich vor Gericht zu beschweren, dann ist das: unfair, ungerecht, Unrecht“, sagte Klara König von Fridays For Future (FFF). Auch FFF unterstützen wieder die Klage. Diese sei „richtig und vernünftig“, gehe es doch um „die große Frage: Haben junge Menschen in Österreich vor Gericht die Chance sich zu beschweren, wenn die Zukunft einer ganzen Generation zerstört wird?“, sagte König.

„Es liegt jetzt wirklich aufseiten des VfGH hier, als Höchstgericht in Österreich, dem Leben einzuhauchen im Bereich des Klimaschutzes“, sagte Elisabeth Schaffelhofer-Garcia Marquez vom Netzwerk Kinderrechte bei der Pressekonferenz.

Kann Antrag formelle Hürde überwinden?
Der überarbeitete Antrag umfasst erneut mehrere Antragspunkte mit inhaltlichen Unterschieden, erläuterte Krömer. Eine Vorabentscheidungsantrages an den Europäischen Gerichtshof ist ebenfalls enthalten. In einem letzten Schritt wird diesmal auch die Aufhebung des gesamten Klimaschutzgesetzes beantragt. Die Richter stellten im Sommer fest, dass nicht alle Teile - des von Experten als zahnlos kritisierten - Klimaschutzgesetzes angefochten wurden, die jedoch untrennbar zusammenhängen, hieß es damals.

Der Antrag sei zu eng gefasst gewesen. „Zu eng gefasst“, wie der VfGH den ursprünglichen Antrag kritisierte, dürfte der neue also nicht sein, meinte die Rechtsanwältin. Ob dieser dennoch die formelle Hürde des bestehenden Rechtschutzdefizits überwinden kann, werde sich nun zeigen.

Kampf um Klimagerechtigkeit „Marathon, kein Sprint“
„Der Kampf um Klimagerechtigkeit ähnelt leider mehr einem Marathon, als einem Sprint“, sagte die 15-jährige Smilla, „und wir sind bereit diesen zu laufen, auch wenn es im wahrsten Sinne des Wortes immer heisser und mühsamer wird“.

Immer mehr Staaten werden aufgrund des systemischen Versagens bei Klimaschutzmaßnahmen von Kindern und Jugendlichen verklagt, in den USA kürzlich sogar mit Erfolg, erläuterte König von FFF. Zuletzt sei in Estland der Bau einer neuen Ölanlage verhindert worden. „Internationale Beispiele, die zeigen, dass Klimaklagen erfolgreich sein können, geben uns Mut.“

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