Die 40-jährige Grazerin Marion W. wollte ihren Sohn Oliver (Bild) Dienstag früh in den Kindergarten bringen, als vor ihr plötzlich ein schwarzer Volvo mit Wiener Kennzeichen anhielt. Zwei Männer stiegen aus, der Vater des Kleinen, Thomas S., und ein Begleiter. "Der Unbekannte hat mich an den Oberarmen festgehalten, mein Ex-Freund den Buben ins Auto gezerrt", schilderte die Frau später bei der Polizei.
Die beiden Männer rasten mit dem Fünfjährigen, der vor Schreck ganz starr gewesen sein soll, davon. Das Auto war, wie sich später herausstellte, gemietet worden, die Flucht mit vermutlichem Fahrzeugwechsel dürfte genau geplant worden sein.
"Lass unser Kind bitte frei!"
"Oliver hat mich schreien gehört und weinen gesehen. Warum hat Thomas uns das nur angetan?", so die verzweifelte 40-Jährige, die via "Krone" einen flehenden Appell an den Entführer richtet: "Lass unser Kind bitte frei!" Befürchtet habe sie eine solche Aktion bereits: Aus Angst habe sie schon zweimal Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet, berichtete die verzweifelte Frau. Die Anklagebehörde habe aber mitgeteilt, sie besitze keine Handhabe gegen den 40-Jährigen.
Nun wurde ein internationaler Haftbefehl erwirkt, doch der, so befürchtet die Grazerin, könnte zu spät kommen: "Wenn sie Dänemark erreichen, bekomme ich mein Kind nie mehr heraus." Nur wenn der Mann das Land dann wieder verlassen würde, würde der internationale Haftbefehl wieder wirksam.
Der Vater hat in Österreich nur ein begleitetes Besuchsrecht. "Mein Ex-Freund darf Oliver nur unter Aufsicht einer Psychologin besuchen. Das hat er zuletzt am Freitag für die Dauer von drei Stunden getan", so W. zur "Krone". "Ich glaube, Thomas ist dann in Graz geblieben und hat die Entführung vorbereitet."
Jahrelanger Streit um die Obsorge
Wie die Anwältin der Grazerin, Britta Schönhart, erklärte, dürfte eine kürzlich gefallene Entscheidung im jahrelangen Obsorgestreit Hintergrund der Tat sein: Vor wenigen Tagen habe das Landesgericht für Zivilrechtssachen in Graz den Vollzug des Obsorge-Entscheids eines dänischen Gerichts zugunsten des Mannes in zweiter Instanz abgelehnt. Die verlangte Rückführung des Buben zum Vater berge die Gefahr einer Traumatisierung, besagte ein Gutachten, auf das sich der Spruch laut Anwältin stützte.
Marion W. und Thomas S. hatten sieben Jahre in Fredensborg, einer Stadt im Nordosten der dänischen Insel Seeland, zusammengelebt. Dezember 2006 kam Oliver zur Welt, er hat die Doppelstaatsbürgerschaft. Bereits ein Jahr nach der Geburt des Kleinen zerbrach die Beziehung. Die Frau blieb noch drei Jahre in Dänemark, befindet sich seit dem 17. Juli 2010 aber wieder in Graz - gegen den Willen des Vaters mit dem Kind.
Der Mann leitete deshalb in Dänemark ein Verfahren auf Übertragung der alleinigen Obsorge ein - und gewann in allen Instanzen. Um zu verhindern, dass sein Sohn W. zugesprochen wird, habe er sogar versucht, einen Haftbefehl gegen sie zu erwirken - ausgerechnet indem er behauptete, sie wolle sein Kind entführen. Es sei damals aber bei einer kurzfristigen Festnahme zur Klärung des Sachverhalts geblieben, erzählte W.: "Ich bin damals legal ausgereist und zurück nach Graz gezogen. Ich habe das alleinige Erziehungsrecht", betont W.
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