Käserei Gloggnitz

Listerien-Tote: Das sagt der Lebensmittelinspektor

Gericht
23.11.2023 16:58

Es ist kein gschmackiges Bild, das im Prozess gegen den früheren Geschäftsführer der Käserei Gloggnitz von seinem ehemaligen Betrieb entsteht. Der 39-jährige ist wegen grob fahrlässiger Tötung in fünf Fällen und mehrfacher grob fahrlässiger (schwerer) Körperverletzung angeklagt. Im „Kajmak“ sollen Listerien gewachsen sein. Warum durfte er trotz der Mängel so lange weiterproduzieren?

Immer wieder fuhr er zur Käserei in Gloggnitz (NÖ) und kam nicht rein. Weil keiner aufmachte, es „seltsame“ Betriebszeiten gab. Im Gericht erzählt der Lebensmittelinspektor als Zeuge, welch Eindrücke er von dem kleinen Betrieb hatte, den er seit 2017 prüfte. „Was die Hygiene betrifft war die Käserei nicht besonders auffällig, baulich gab es schon Probleme“, sagt der Mann.

Mutter erzählt über Frühgeburt nach Listerien-Erkrankung
Als ihm Richterin Birgit Borns im LG Wiener Neustadt Sachverhalte aus dem Akt vorhält, wird der Kontrolleur von Satz zu Satz blasser im Gesicht. Die Fenster werden geöffnet, ein Rechtspraktikant bringt ein Glas Wasser. Ganz offensichtlich geht es dem Zeugen nicht gut, wenn er über die Vorkommnisse in der von ihm geprüften Käserei in Niederösterreich spricht. Was nicht weiter verwunderlich ist. 

Die mittlerweile geschlossene Käserei in Gloggnitz (Niederösterreich). (Bild: APA/EINSATZDOKU/PATRIK LECHNER)
Die mittlerweile geschlossene Käserei in Gloggnitz (Niederösterreich).

Im dort produzierten Weichkäse „Kajmak“ sollen Listerien gewachsen sein. Der gefährliche Keim habe zwischen 2020 und 2022 zu fünf Todesfällen in Wien geführt, sechs weitere Menschen erkrankten - darunter ein Baby, das bei seiner Geburt 2022 an Listeriose litt. Das Mädchen kam sieben Wochen zu früh zur Welt, überstand eine lebensbedrohende Sepsis. Auch ihre 33-jährige Mutter wurde am Donnerstag als Zeugin befragt.  

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Ich bitte das Gericht mich zur Höchststrafe zu verurteilen, damit wir das beenden.

Der Angeklagte, obwohl er sich nicht schuldig bekennt.

Schon 2018 Listerien im Gulli
„Es war ein komplizierter Betrieb. Wirklich kompliziert“, gesteht der Lebensmittelinspektor schließlich ein. „Nach Corona habe ich gemerkt, dass der Betrieb in finanzielle Schwierigkeiten geriet. Dass die Eigenkontrolle vernachlässigt wird und es zu Verschlechterungen kam. Gegen Ende wurden die Mängel massiver.“ Doch schon 2018 und 2020 wurden Listerien im Gulli festgestellt. „Die Listerien im Gulli - und das ist wie ein genetischer Fingerabdruck - sind ident mit jenen, die in den Personen gefunden wurden“, sagt Frau Rat. Dennoch lief der Betrieb bis Ende 2022 weiter - nachdem erstmals auch ein Kajmak nach einem Lagerversuch eine massive Kontaminierung aufwies.

Die Aussagen der bisherigen Zeugen geben einen grausigen Einblick über die Zustände in der Käserei: Von Ungeziefer, Ratten, Schwarzschimmel und einem muffigen Geruch ist die Rede. Es habe keine Hygieneschulungen für die Mitarbeiter gegeben. Eines der Lieferautos war nur isoliert statt gekühlt, bei einem anderen funktionierte die Kühlung nicht.

Erneut vertagt auf 9. Jänner
Der aus Serbien stammende angeklagte frühere Käsereichef (39) sieht sich als unschuldig. Im Fall der erkrankten Mutter hätte das Restaurant den Kajmak weit nach Haltbarkeitsablauf serviert. Sein x-ter Verteidiger hat die Vollmacht aufgelöst. Patzig sagt er deshalb zur Richterin: „Ich bitte das Gericht mich zur Höchststrafe zu verurteilen, damit wir das beenden.“ Es drohen bis zu drei Jahre Haft. So schnell geht es aber nicht: Vertagt auf 9. Jänner für zwei weitere Zeugen. 

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