Der 51-jährige "Manager der Armen" steht für beides. Als Priester ist er in Schwarz gekleidet und trägt ein weißes Collarhemd. Der Mann, der Mensch Landau, zeigt Emotionen und sinnliche Lebensbejahung. Ein Gesicht, das Gefühle, Sehnsüchte und Schwächen nicht hinter klerikalem Gehabe verstecken will.
"Krone": Herr Landau, die Geschichte von der Kreuzigung Jesu ist eine grausame, die der Auferstehung eine unglaubliche: Überfordert Ostern die Menschen nicht?
Michael Landau: Ostern erschließt sich nicht so unmittelbar wie Weihnachten, wie die Geburt eines Kindes. Es übersteigt den Horizont unserer Vorstellungen. Aber die Kernbotschaft ist eine sehr aktuelle: Das letzte Wort hat nicht der Tod, nicht das Leid, nicht die Ungerechtigkeit. Das letzte Wort hat das Leben.
"Krone": Wie erklärt man das Menschen, die vielleicht gerade jemanden verloren haben?
Landau: In der Unauflöslichkeit des Leides wächst der Augenschein der Hoffnung. Um sich mit dem Sterben eines geliebten Menschen zu versöhnen, braucht man Zeit, Geduld, Trauer. Erst dann kann dieses Wissen kommen, dass der Mensch, den ich liebe, mir auf eine andere Weise vielleicht näher ist als zuvor.
"Krone": Ist das auch der tiefere Sinn der Auferstehung?
Landau: Der tiefere Sinn der Auferstehung ist der, dass Gott uns durch seinen Sohn einen Weg gebahnt hat. Er geht auch an die letzten Orte des Leides, des Todes, der Hinfälligkeit mit uns. Nichts auf der Welt fällt aus diesem weiten Raum der Liebe hinaus.
"Krone": Macht das auch für jemanden Sinn, der vielleicht nicht an Gott glaubt?
Landau: Ich bin überzeugt, dass dort, wo Menschen achtsam durch die Schöpfung gehen, wo sie füreinander ihr Herz öffnen, wo sie einander in Liebe begegnen, dass sie dort die Großartigkeit Gottes erfahren, auch wenn sie vielleicht nicht diese Worte dafür verwenden. Im Ostergeheimnis ist etwas spürbar von diesem nahen Gott, dem unsere Wege und Umwege vertraut sind, der auch aus den Bruchstücken unseres Lebens ein Ganzes macht.
"Krone": Können Sie ein Beispiel nennen?
Landau: Etwa wenn Menschen aus der Erfahrung von Leid sensibel werden für die Trauer und Not anderer Menschen. Viele, die zur Caritas kommen, um zu helfen, haben selber schwierige Lebensgeschichten hinter sich. Sie sind der Beweis, dass sich das Gute ausbreitet wie ein Stein, den man ins Wasser wirft. Auch wenn es nur ein kleiner Stein ist, zieht er weite Kreise. Ich glaube, dass es einen guten Grundwasserspiegel der Nächstenliebe bei uns gibt.
"Krone": Steigt dieser Spiegel in Zeiten der Krise?
Landau: Es gibt eine große individuelle Solidarität. Aber es braucht auch eine strukturelle Solidarität. Wenn der Eindruck überbleibt, dass Gewinne privatisiert, Verluste aber der Allgemeinheit aufgebürdet werden, dann halte ich das für hochgefährlich für den Zusammenhalt in diesem Land.
"Krone": Stichwort Sparpaket: Ist das gerecht?
Landau: In Österreich gibt es bedrückende Armut und obszönen Reichtum. Ich habe schon die Sorge, dass hier die schuldlosen Verliererinnen und Verlierer der Wirtschaftskrise ein zweites Mal zu Opfern gemacht werden. Vielleicht ist gerade Ostern eine Gelegenheit, mit neuer Energie und besonderer Sensibilität auf die sozial Schwächsten zu achten.
"Krone": Wie sehr ist die Armut in Österreich gestiegen?
Landau: Heute geben wir in der "Gruft" 90.000 Mahlzeiten pro Jahr aus, vor zehn Jahren waren es 50.000. Der Druck steigt, die Menschen, die zu uns kommen, werden immer jünger.
"Krone": Was gibt uns da Hoffnung?
Landau: Österreich ist ein starkes, leistungsfähiges Land. Es geht uns miteinander gut. Wir werden den Weg bewältigen, aber was wir brauchen, ist Mut zur Größe und zur Vision. Was wollen wir erreichen? Aus meiner Sicht eine Gesellschaft, in der niemand auf der Strecke bleibt, ein Land, in dem keiner alleine sein muss, wo der Rand zur Mitte wird, wo Mut und Aufbruchstimmung herrschen.
"Krone": Sie halten gerne flammende Reden. Mögen Sie das Bild des Feuers?
Landau: Ja, weil ein großer, dunkler Raum durch eine einzige Kerze hell und warm wird. Nicht durch Zufall ist das Symbol für Ostern auch das Osterfeuer.
"Krone": Woher kommt dieses Feuer bei Ihnen?
Landau: Von meinen Eltern. Sie haben uns gelehrt, dass man Leuten, die in Not sind, hilft. Und dass Menschen – egal, ob sie behindert oder gesund, reich oder arm sind – in erster Linie immer Menschen sind und man anständig mit ihnen umgeht.
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