Widerrechtlich soll der Klagenfurter Magistratsdirektor Peter Jost in den E-Mail-Accounts aller Mitarbeiter, unter anderem politischer Mandatare, nach jenem Maulwurf gesucht haben, der vertrauliche Informationen, darunter auch die Überstundenzahlungen von Jost selbst, an den Investigativjournalisten Franz Miklautz übermittelt hatte. Vize-Bürgermeister Liesnig spricht von „Stasi-Methoden“ und „krimineller Energie“. Stadtchef Christian Scheider gibt Statement ab.
Der auf Datenschutz spezialisierte Rechtsanwalt Michael Pilz hat klare Worte für den Spitzelangriff auf seinen Mandanten Philipp Liesnig: „Es handelt sich hier um einen in meiner Karriere noch nie da gewesenen Eingriff in das Grundrecht auf Wahrung der personenbezogenen Daten!“ Worum geht es? Wie mehrfach berichtet, haben vor Monaten geschützte Informationen ihren Weg aus dem Rathaus zu einem Journalisten gefunden. Darunter auch die Überstundenauszahlungen des Herrn Magistratdirektors - damals wurden zwei Mitarbeiter der Personalabteilung sofort suspendiert. Ermittlungen gegen den Journalisten Franz Miklautz wurden schnell wieder eingestellt! Um herauszufinden, wer diese Daten weitergegeben hat, soll Peter Jost zu illegalen Methoden gegriffen haben, wie ihm Philipp Liesnig in einer Pressekonferenz am Freitag vorwirft.
E-Mails des Vize-Bürgermeisters an Staatsanwaltschaft übermittelt
Jost soll eine Firma damit beauftragt haben, alle E-Mail-Accounts der Stadt Klagenfurt - sprich aller E-Mail-Adressen mit dem Ende @klagenfurt.at - auf bestimmte Inhalte und Schlagwörter durchsuchen zu lassen. Und das ohne gerichtlichen Befehl. „Es wurde im Zeitraum Februar bis Anfang April gezielt nach Kontakt mit ehemaligen Mitarbeitern der Stadt und einer Whistleblower-Adresse in der Schweiz gesucht“, informiert Anwalt Pilz. Die Ergebnisse: Drei vermeintlich belastende E-Mails von oder an Philipp Liesnig wurden auf einem USB-Stick der Staatsanwaltschaft übergeben.
Liesnig erinnere diese Causa an „Stasi-Methoden: Unliebsame Journalisten und Politiker werden bespitzelt, um das eigene System zu decken“, übt Liesnig scharfe Kritik. Die Durchsuchung seiner E-Mails verfolge nur das Ziel, ihn politisch zu vernichten. Zusätzlich soll dieses Gutachten die Stadt 63.000 Euro gekostet haben. Ab einem Betrag von 50.000 wäre dafür allerdings ein Stadtsenatsbeschluss notwendig gewesen: „Diesen hat es natürlich nicht gegeben“, so der Stadtvize.
Datenschutzbehörde eingeschalten
Was wird nun passieren? Anwalt Pilz hat den Fall bereits der Datenschutzbehörde gemeldet, um eine Rechtswidrigkeit festzustellen. In einem Verwaltungsstrafverfahren drohen dem Magistratsdirektor und allen weiteren handelnden Personen eine Geldstrafe bis zu 50.000 Euro. „Wir wissen aus den Unterlagen, dass Jost beteiligt ist. Ich fordere den Bürgermeister auf, umgehend umfassende Untersuchungen einzuleiten und sogleich disziplinäre Konsequenzen zu ziehen“, sagt Liesnig.
Auf Nachfrage, wie dieses Gutachten ohne rechtliche Grundlage überhaupt in Auftrag gegeben werden konnte, meinte Anwalt Pilz: „Im Bericht der Firma an die Stadt Klagenfurt wird dezidiert erklärt, dass die Verantwortung, ob die beauftragten Schritte zulässig sind, vom Auftraggeber zu übernehmen sind.“ Jene E-Mails, die der Staatsanwaltschaft übermittelt wurden, beweisen laut Liesnig und seinem Rechtsvertreter außerdem nicht, dass der SPÖ-Politiker mit dem Datenabfluss an den Journalisten etwas zu tun hätte. „Auch seitens der Staatsanwaltschaft, die sich die E-Mails durchgesehen hat, wird nichts auf meinen Mandanten zukommen.“
Bürgermeister in Erklärungsnot
Wie üblich, vertritt die Stadt Klagenfurt und Bürgermeister Scheider eine ganz andere Rechtsmeinung. In einer Pressekonferenz wird zwar bestätigt, dass ein solcher Auftrag an eine IT-Security-Firma erteilt wurde, dies aber laut dem Rechtsexperten Daniel Klatzer, der die Stadt beraten hatte, völlig legal gewesen sei. „Es ist meine Pflicht, dafür zu sorgen, dass der Datenabfluss gestoppt wird!“, erklärte Bürgermeister Christian Scheider. Anwalt Christian Puswald versicherte, dass alle datenschutzrechtliche Richtlinien eingehalten wurden. So habe es beispielsweise keine „systematische Abfrage der E-Mails“ gegeben.
Den Inhalt des USB-Sticks, der an die Staatsanwaltschaft im Zuge einer Sachverhaltsdarstellung übermittelt worden sein soll, habe niemand gekannt und sei nicht einsehbar gewesen: „Die Daten auf dem Stick waren verschlüsselt!“ Erst als Klatzer Einsicht in den Akt der Staatsanwaltschaft genommen hat, habe die Stadt erfahren, dass es sich dabei um E-Mails des Vize-Bürgermeisters handelte. Interessanterweise informierte die Staatsanwaltschaft aber darüber, dass der ungesichtete USB-Stick an das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) geschickt worden sei. Es gebe auch noch keinen abschließenden Bericht zu diesem Sachverhalt.
Die Staatsanwaltschaft hat noch keine Kenntnis zu den Inhalten des USB-Sticks.
Sprecher der Staatsanwaltschaft
Dass der Auftrag für diese IT-Analyse nicht im Stadtsenat beschlossen wurde, wie er es hätte werden müssen, erklärt der Bürgermeister so: „Zu Anfang war noch nicht bekannt, dass die Kosten dafür über die 50.000 Euro reichen würden.“
Konsequenzen angekündigt
Für den Stadtchef ist aber klar: „Sollte sich im Zuge der Ermittlungen herausstellen, dass es sich um rechtswidrige Maßnahmen handelt, werden dementsprechende Konsequenzen gezogen werden.“
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