Am Schauspielhaus Graz wurde Johann Nestroys „Der Zerrissene“ mit Witz und Originalität von Regisseurin Ulrike Arnold und ihrem Team in Szene gesetzt. Ein entfesseltes Ensemble begeistert das Publikum.
In den ersten Minuten befürchtet man, wieder einmal einen kunstvoll entseelten Nestroy-Abend vor sich zu haben. Hektisch laufen Diener durch die kühle Ästhetik einer Dachterrasse, manieriert bewegen sich Schickis und Mickis durchs Geschehen. Aber schnell kommt es anders, als erwartet.
Kluge Regie mit viel Witz
Mit den ersten gesprochenen Worten landet man in einem Strudel aus Verwirrungen, einer sich aberwitzig zuspitzenden Handlung, in der nicht nur die Schere von Arm und Reich klafft, sondern viele aktuelle Probleme zur Sprache kommen. Klug in Szene gesetzt von Regisseurin Ulrike Arnold, die mit Slapstick ebenso umgehen kann wie mit den Emotionen der Figuren - und bei aller Hinwendung zu einer zeitgemäßen Ästhetik dem Autor, seiner Sprache und seinem Humor treu bleibt. Selbst in den ungewöhnlichen Couplets (von Ulrike Haidacher mit dem Ensemble verfasst) wird dessen Witz und Kritik originell fortgeführt: Etwa wenn Kathi singt, dass sie nur so lieb sei, weil Nestroy sie so schrieb; Madame Schleyer sich beschwert, dass ihre Rolle einfach aus der Handlung fällt, oder eine Ode an die Freunderlwirtschaft angestimmt wird. Begleitet von den hervorragenden Musikern Clemens Rynkowski und Jan Krizanic werden die Songs zu Schätzen dieser Inszenierung.
Aber erst das bemerkenswerte Ensemble macht diesen „Zerrissenen“ zu einem frechen, pfiffigen, unterhaltsamen Ereignis. Die wunderbare Luisa Schwab zieht als resche, selbstbewusste Kathi ganz neue Saiten auf. Željko Marović gefällt als übersättigter Herr von Lips, der erst in der Armut erkennt, was und wer wichtig ist. Seine Freunde Stifler und Wixer (herrlich überzeichnet: Oliver Chomik und Kaspar Simonischek) sind es nicht. Und Sebastian Schindegger als zärtlich explosiver Schlosser Gluthammer ist ohnehin eine Klasse für sich. Nicht minder witzig und überzeugend: Olivia Grigolli, Franz Solar und Clemens Maria Riegler.
Äußerst gelungen auch das Bühnenbild von Franziska Bornkamm, das mit Augenzwinkern die großzügige Weite der Reichen gegen die düstere Enge der Armen setzt. Ein hochgradig unterhaltsamer und kurzweiliger Abend!
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