In der „Krone“ spricht die zweite Stimme auf der Pilnacek-Aufnahme über die Hintergründe und die Auswirkungen der brisanten Aussagen auf die ÖVP.
Eine geheime Tonbandaufzeichnung vom 28. Juli erschüttert die Republik. Der vormals wichtigste Justizbeamte sagte zu Bekannten und Freunden in einem Nobelitaliener in Wien, er sei über Jahre von der ÖVP gedrängt worden, in ihrem Sinne Hausdurchsuchungen zu verhindern und Verfahren zu beeinflussen. Der „Krone“ wurde die Datei knapp nach dem plötzlichen Ableben des 61-jährigen Christian Pilnacek übermittelt. Nach eingehender Prüfung publizierten „Krone“ und ORF die brisanten Inhalte.
Seitdem ist die Kanzlerpartei im Abwehrmodus. Ein Anfangsverdacht gegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka wird von der Staatsanwaltschaft Wien geprüft - ihn nannte Pilnacek konkret zu mutmaßlich gewünschten „Abdrehversuchen“, die er, Pilnacek, nie durchgeführt haben will. Es gilt für Sobotka, gegen den noch ein anderes Verfahren läuft, wegen Amtsmissbrauchs, die Unschuldsvermutung.
Die ÖVP stellt sich hinter Sobotka, den zweitwichtigsten Mann im Staat, und dementiert wie dieser jegliche Vorwürfe.
„Zeit der Veröffentlichung war goldrichtig“
Am Freitag ging jener Unternehmer in die Offensive, der das Gespräch aufgezeichnet hat. Ein anderer Beteiligter, der deutsche Industrielle Wolfgang Rauball, ein väterlicher Freund Pilnaceks, spricht mit der „Krone“ über Hintergründe und Motive der Veröffentlichung. Eine von der ÖVP vermutete, von langer Hand geplante Falle der FPÖ, entspricht wohl nicht der Realität.
Wolfgang Rauball zur „Krone“: „Ich habe mit österreichischer Politik nichts zu tun. Ich bin ja selbst quasi Opfer, ich bin auch auf dem Tonband, ohne es gewusst zu haben.“ Dennoch sei der Zeitpunkt der Veröffentlichung goldrichtig, sagt der Öl-Millionär. „Ich war entsetzt, als Ex-Kanzler Sebastian Kurz die Aussage vor Gericht zum eben verstorbenen Pilnacek tätigte. Dann habe ich mich entschlossen, mitzumachen, dass die Inhalte veröffentlicht werden.“ Kurz hatte vor Gericht und in einem Interview erklärt, wenige Stunden vor Pilnaceks Tod noch mit diesem telefoniert zu haben und ließ den Tod des Beamten in seine Verteidigungsstrategie einfließen. Daraufhin sei ihm, so Rauball, auf gut Deutsch, „das Kotzen gekommen“.
Pilnacek hat mir erzählt, dass er mit Kurz mehrfach geredet hatte, und dass er entsetzt sei über die juristische Strategie seines Teams.
Wolfgang Rauball
Man habe in einem Restaurant gesessen, mit Pilnacek, dann sei das Gespräch plötzlich auf die Politik in Österreich gekommen. „Normalerweise mische ich mich da nicht ein. Ich lebe hauptsächlich in Kanada und der Schweiz. Komme nur hin und wieder nach Österreich.“ Dann sei man zu reden gekommen auf Sobotka und die ÖVP. „Pilnacek hat diese Vorwürfe öfter gesagt und immer wiederholt.“ Pilnacek sei schwer enttäuscht gewesen von der ÖVP. Rauball: „Der Knackpunkt war eben die Aussage von Kurz. Ich war entsetzt. Pilnacek hat mir erzählt, dass er mit Kurz mehrfach geredet hatte, und dass er entsetzt sei über die juristische Strategie seines Teams.“ Die strategische Beratung bestätigt auch das Team Kurz.
Falsche Strategie und aufgeblühter Justizchef
„Ich kann es nicht glauben, welche Strategie die Anwälte von Kurz fahren. Mit der verlieren sie den Prozess.“ Zuletzt sei er aufgeblüht gewesen wie nie. „Ich war in Berlin und habe ihm zwei Mails geschickt. Am nächsten Tag, als ich aufgewacht bin, habe ich gesehen, dass er die Nachrichten nicht geöffnet hatte, wusste ich, da muss etwas passiert sein.“
Für Rauball sei es eine wichtige Angelegenheit gewesen, an die Öffentlichkeit zu gehen. „Meiner Meinung nach handelte es sich um eine Art Staatskrise. Da muss man doch an die Öffentlichkeit gehen.“
Das sehen nicht alle so. Fest steht: Es gibt noch viel zu erzählen. Die Geschichte ist noch lange nicht fertig.
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