Aus für Tagesmütter

„Das unseren Kindern zu nehmen, ist ganz arg“

Oberösterreich
27.11.2023 14:44

Ohne die gewohnte Betreuung standen am Montag rund 100 Kinder und ihre Eltern in Gmunden da, nachdem dort am Freitag der Verein der Tagesmütter Konkurs anmelden musste. Die Betroffenen sind verzweifelt, Oppositionspolitiker sehen ein Versagen der Landesregierung und warnen: Das sei erst der Anfang.

„Am Freitag hab‘ ich meine Tochter noch, wie immer, um 11.30 Uhr abgeholt und gesagt: ,Bis Montag!‘. Fünf Stunden später habe ich dann erfahren, dass es den Montag gar nicht mehr gibt.“ Der Schock steht Anna Faritsch noch immer ins Gesicht geschrieben. Quasi von heute auf morgen ist der alleinerziehenden Mutter die Betreuung für ihr zweieinhalbjähriges Kind abhanden gekommen. Wie berichtet, schlitterte der Verein der Tagesmütter in Gmunden in die Insolvenz - und macht dafür die Landesregierung verantwortlich: Die Höhe der Verwaltungsbeiträge des Landes, mit dem der Verein Infrastruktur und Gehälter finanzierte, sei trotz steigender Kosten seit 2014 nicht mehr angepasst worden.

„Radikales Ende ist schwer und belastend“
Sie habe sich nach einem Jahr Karenz entscheiden müssen, wie es weitergeht, erzählt Anna Faritsch. Die Wahl fiel auf die Tagesmütter: „Sie sind die Bezugspersonen unserer Kinder, wickeln sie, erleben jeden Entwicklungsschritt mit. Das unseren Kindern jetzt zu nehmen, ist ganz arg.“ Auch die vom Aus des Vereins betroffenen Tagesmütter sind entsetzt: „Ich kann nicht in Worte fassen, wie schwer und belastend dieses radikale Ende für mich, meine Tageskinder und deren Eltern ist“, sagt Julia-Sophie Klusch aus Ebensee.

Gmunden kein Einzelfall
Für die Neos ist Gmunden kein Einzelfall, sie sehen in Oberösterreich ein generelles Systemversagen bei der Betreuung von unter Dreijährigen: „Laut Kinderbetreuungsatlas gibt es hier nur in 6,4 Prozent der Gemeinden ein Angebot, das Familie und Beruf vereinbar macht“, sagt Neos-Klubobmann Felix Eypeltauer. Seine Stellvertreterin Julia Bammer warnt: „Gmunden ist nur der Beginn. Wir hören von vielen anderen Tagesmüttervereinen, dass sie es nur noch mit Müh‘ und Not irgendwie schaffen.“

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Die Tagesmütter sind die Bezugspersonen unserer Kinder, wickeln sie, erleben jeden Entwicklungsschritt mit. Das unseren Kindern jetzt zu nehmen, ist ganz arg.

(Bild: Neos OÖ)

Anna Faritsch, alleinerziehende Mutter aus Gmunden

Neos starten Online-Petition
In dieselbe Kerbe schlagen die Grünen: „Hier hat man einen Tagesmütterverein offensichtlich gegen die Wand laufen lassen“, sagt Bildungssprecher Reinhard Ammer. „Das Aus für den Verein in Gmunden kommt nicht überraschend, und es ist wahrlich nicht ausgeschlossen, dass weitere folgen. Wenn man von Landesseite die finanziellen Mittel straff kürzt und nur einmal sanft erhöht, ist das zwangsweise die Folge.“ Die Neos wollen diesbezüglich jetzt Druck auf die Landesregierung machen und haben noch am Montag auf ihrer Internetseite die Online-Petition „Stoppt das Aushungern der Tageselternvereine“ gestartet.

Gespräche mit Familienbund laufen
Für die betroffenen Eltern und Kinder in Gmunden könnte sich allerdings schon bald eine Lösung abzeichnen. Wie berichtet, hat der Familienbund angeboten, bei der Betreuung einzuspringen, es laufen bereits Gespräche. Darin ortet wiederum Grünen-Chef Stefan Kaineder ein „seltsames Spiel der ÖVP mit den Kleinsten im Land: Jahrelang wurde die Kinderbetreuung in Oberösterreich ausgehungert, und jetzt scheint man einen in die Insolvenz geschlitterten Tageselternverein mit parteinaher Organisation übernehmen zu wollen. Die Optik ist jedenfalls schief“.

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