Innsbrucks Vizebürgermeister Johannes Anzengruber sichert die linke Mehrheit im Stadtsenat - aber vielleicht nicht mehr lange: Wenn die Abwahl im Dezember-Gemeinderat durchgeht, verliert er nicht nur sein Amt, sondern auch seinen gutbezahlten Stadtratsposten. Das hat noch weitreichendere Folgen.
Kommt eine Mehrheit für die Abwahl von Vizebürgermeister Johannes Anzengruber im Dezember-Gemeinderat zustande oder nicht? Das ist die Frage, die derzeit in der politischen Arena in Innsbruck heiß diskutiert wird.
Die stimmenstärksten Parteien, die dafür infrage kommen (FPÖ, ÖVP, Für Innsbruck), halten sich in dieser Frage sehr bedeckt. Die anderen Parteien sind teils offen dagegen: Es sei eine ÖVP-interne Angelegenheit, „die ÖVP soll im eigenen Saft schmoren“, ist unter anderem zu hören.
Anzengruber sitzt auf ÖVP-Ticket
Sollte sich im 40-köpfigen Gemeinderat eine Mehrheit für die Abwahl finden (21 Stimmen reichen), so hätte das weitreichende Konsequenzen. Nicht nur für Anzengruber, sondern auch für die Zusammensetzung des Stadtsenats. Die ÖVP stört schon länger, dass sie dort seit den Querelen mit dem Ex-VP-Vize de facto nicht mehr vertreten ist, obwohl er auf ihrem Ticket sitzt.
Verhältnisse auf den Kopf gestellt
Und nicht nur das: Weil „Anzi“ sein eigenes Ding durchzieht, sorgt er für eine linke Mehrheit im Stadtsenat – die aber im Gemeinderat so überhaupt nicht gegeben ist: Im Stadtsenat haben SPÖ, Grüne und Anzengruber vier von sieben Stimmen, also die Mehrheit. Im Gemeinderat repräsentieren sie aber nur 11 von 40, sind also von einer Mehrheit weit entfernt.
Wenn jeder so abgestraft würde wie damals Uschi Schwarzl, dann wäre das Rathaus leer und die Redaktionen auch.
Bürgermeister Georg Willi
Bild: Christof Birbaumer
Verlust aller Annehmlichkeiten
Wollen ÖVP, Für Innsbruck, FPÖ und eventuell Kleinparteien ein Anliegen durchbringen, müssen sie aufpassen, dass es im Stadtsenat nicht „gekillt“ wird. Diese demokratiepolitisch eigenartige Konstellation soll nun auch mithilfe der Abwahl bereinigt werden: Denn Anzengruber würde auch seines Stadtsenatsamtes enthoben.
Das bedeutet: Verlust von rund 70.000 Euro an Bezügen bis zur Wahl (Geld, das in der Wahlkampfkassa fehlt), Verlust der Ressorts, des Büros, der Mitarbeiter, der Einladungen: Anzengruber wäre einfacher Gemeinderat. Seine Ressorts würde BM Willi einstweilen übernehmen. Für den Stadtsenat nominiert der VP-Klub GR Andreas Wanker, der dann im Jänner vom Gemeinderat zum Vize-BM gewählt würde – für drei Monate bis zur Neuwahl.
Zu schwach für den Stadtsenat
Geht es rein nach Mandatsstärke, müssten sowohl Anzengruber als auch SPÖ-StR Elisabeth Mayr freiwillig auf den (gut bezahlten) Stadtratssitz verzichten. Denn Voraussetzung für den Einzug in den Stadtsenat sind vier Mandate. Nach ihren Abspaltungen repräsentieren sie aber jeweils nur noch zwei.
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