Rund 13.000 Fans feierten in der restlos ausverkauften Wiener Stadthalle zum dritten Mal nach 2016 und 2019 ein rauschendes Vorweihnachtsfest mit den heimischen Superstars Seiler und Speer. Ein Abend, der gleichermaßen feurige Explosionen, als auch leise und nachdenkliche Töne beinhaltete.
Das quer über Österreich fegende Schneechaos hat es den Anreisenden nicht leicht gemacht, zum großen Heimspiel von Seiler und Speer in die Wiener Stadthalle zu reisen. Obwohl das Austropop-Duo im Zuge der Herbst-/Winter-Tour quer durch die Bundesländer kreuzt, ließen es sich auch viele Nicht-Wiener nicht nehmen, ihre Helden mehr als nur einmal live zu sehen. Da war diesmal viel Geduld gefragt, denn selbst dicht befahrene Straßen wurden zur Rutschpartie, Rettungs-, Polizei- und Feuerwehreinsätze wohin man schaute. Dass „Frau Holle definitiv nicht beim AMS arbeitet“, sondern eher Sonderschichten macht, merkt Christopher Seiler auch während des fulminanten Sets humorig an. So winterlich und kalt sich das Land draußen auch zeigen mag, drinnen herrscht bei den beiden Topstars gleich doppelte Wärme. Die rausgefeuerte und die herzliche.
An Reife gewonnen
Wie schon bei den beiden restlos ausverkauften Stadthallen-Gigs 2016 und 2019 ist auch dieses Wiedersehen in Österreichs größter Indoor-Konzerthalle eine Mischung aus Schmäh, so manchen „tiefen Hakln“, aber auch ernsthaften und emotionalen Momenten. Die kommerziell und von den Zuschauerzahlen her gesehen größte Band des Landes hat in den letzten Jahren auch kompositorisch an Reife gewonnen. Lockere Saufhymnen und augenzwinkernde Proleten-Oden stellen sich gleichberechtigt neben Gesellschaftskritik und den ständigen Appell zum friedlichen Miteinander und dem Schätzen von Gemeinschaft. Im Laufe der Jahre haben die beiden lichte Höhen, aber auch so manche Tiefen erlebt. Aus diesem Wellental des Lebens entstehen, wenn man sie richtig reflektiert, bleibende Geschichten.
Vor dem selbstkritischen „I kenn di vo wo“ etwa merkt Seiler an, dass 2017 kein leichtes Jahr für die Band war und spielt damit auf Speers tragischen Unfall an. Vor „Weust a Mensch bist“ erzählt er freimütig davon, dass es auf Tour im Nightliner („schauen aus wie Leichenwägen“) immer mal wieder Reibereien gibt und man nicht davor gefeit ist, sich auch einmal wie „ein Arschloch“ zu gebärden. „Aber an Tagen wie heute, wo wir vor euch allen spielen und die ganze KI, das TikTok und die sozialen Medien wuascht sind, merken wir wieder, dass wir Menschen sind.“ Rund 13.000 Fans haben sich in der randvollen Stadthalle eingefunden und erleben einen fast zweistündigen Ritt durch die verschiedenen Karrierestationen und Emotionen zweier Künstler, die es nicht immer leicht mit sich haben.
Fußball nach der Hackn
Den ständig aufkommenden Trennungsgerüchten der beiden kontert Seiler mit gewohnt lockerer Zunge: „Das ist so, wie wenn dein Chef dich fragt, was du machst, wenn du nach der Hackn zum Fußballspiel gehst.“ Wohl bewusst werden sie nicht müde, sich mit Bussis oder „Speerli-Bärli“-Rufen zu liebkosen. Wie kein Zweiter spricht Seiler die Sprache des Publikums, hat ein sensorisches Gespür für ihre Sorgen, Nöte und Ängste, weil er sich selbst stets als „einen vom Grund“ bezeichnet. Das begeisterte Publikum, heute anwesend in der Ravensburger-Spiele-Regel von ca. 5 bis 100 Jahren, dankt es mit frenetischem Applaus oder einem Feuerzeug-Lichtermeer während des Top-Hits „Ala bin“. Für die Wien-Show geben sich die beiden Frontmänner auch den nötigen Platz für Solo-Songs. Seiler singt das melancholische „Lights Down“, Speers „Unsere Lieder“ sorgt für etwas mehr Schwung und lockert den emotionalen Teil rechtzeitig auf.
Es ist beeindruckend, wie viele Hits die beiden nach knapp zehn Jahren Karriere aus dem Köcher ziehen können. „Bonnie und Clyde“, „Principessa“, „Herr Inspektor“ oder „Weck mi auf“ - und da ist noch nicht einmal eine halbe Stunde vergangen. Als besonderes Highlight fungiert das melancholisch-ernste, relativ neue Lied „Waun da Wind geht“, das „es verdient hat, live gespielt zu werden“, wie korrekt angemerkt wird. Die Rollenverteilung auf der Bühne ist klar aufgeteilt. Seiler ist das Alphatier mit dem Hauptgesang und dem Schmäh, Speer der etwas dahinterstehende Musikus für die feinere Klinge. Dazu spielt die Meli-Bar-Combo vor dem Meli-Bar-Backdrop und einer ausgeklügelten Lichtshow präzise wie ein Uhrwerk. Der aus dem extremeren Metal kommende Lead-Gitarrist Bernd darf sich zudem mehrmals durch die Songs solieren. Seiler und Speers unterschiedliche Nebenspielwiesen spielen hier keine Rolle.
Unterschätztes Kleinod
Nicht fehlen dürfen die Partymomente. Bei der Drangla-Hymne „Ob und zua“ werden gar opulente Pyrosalven durch die Halle geschmettert, den mehr als 40 Millionen Mal auf YouTube angeklickten Top-Hit „Ham kummst“ zieht das Duo mit Extrastrophen in die Länge, wofür es vom enthusiasmierten Publikum eine kräftige Portion Sonderapplaus gibt. Alle Anwesenden benützen Seiler und Speer bei „I wü ned“ als „Gefangenenchor“ bzw. als ihre ganz persönlichen Stargäste. Dass der zwanglose Schmäh im Vergleich zu früheren Shows manchmal ein bisschen stecken bleibt, ist wohl wirklich der allgemein gereiften Auffassung des eigenen Schaffens zu verdanken. Die größte Perle des Abends hat sich dafür irgendwo in der Mitte versteckt - erstmals seit sieben Jahren intonierte man wieder das „Stiagnhaus Gstanzl“ vom Debütalbum. Ein unterschätztes Kleinod des heimischen Liedguts, das beweist, dass kompositorische Mehrdimensionalität schon immer im Kanon des Duos vorhanden war.
Es geht noch weiter
Dreimal geben Seiler und Speer in der sonst so besinnlichen Adventzeit richtig Vollgas. Am 7. Dezember in der Messe Klagenfurt, am 8. Dezember in der Innsbrucker Olympiahalle und am 9. Dezember in der Stadthalle Graz. Unter www.ticketkrone.at gibt es Karten für die Top-Events. Aber Achtung: langsam wird es knapp!
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